DIE EHE
Verlagslogo
KOBERSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG AG
BERN
Bô Yin Râ ist der geistliche Name von
Joseph Anton Schneiderfranken
6.Auflage
Erste Auflage: Richard Hummel Verlag Leipzig 1925
Ungekürzte wohlfeile Auflage daselbst 1929
© 1950, 1978, 1986 und 1988
Kobersche Verlagsbuchhandlung AG
3001 Bern
INHALT Seite
Erstes Kapitel
Von der Ehe hehrer Heiligkeit 4
Zweites Kapitel
Von der Liebe 29
Drittes Kapitel
Von der Gemeinsamkeit 59
Viertes Kapitel
Von Leid und Freude 85
Fünftes Kapitel
Von Versuchung und Gefahr 107
Sechtes Kapitel
Vom Zwang des Alltags 137
Siebentes Kapitel
Vom Willen zur Einigkeit 167
Achtes Kapitel
Von der Vererbung des Glücks 199
Neuntes Kapitel
Von ewiger Verbundenheit 219
Originalscan
ALLEN,
DIE DAS GLÜCK DER EHE
SUCHEN!
ERSTES KAPITEL
VON
DER EHE HEHRER HEILIGKEIT
HEILIG dreimal heilig, die VerOO
einigung von Weib und MannOO
zu engverschmolzener GemeinOO
samkeit des Erdenlebens! ‒
Heilig der Geschlechter Inbrunst, sich OO
zu einen! ‒
Heilig das Mysterium des ZeugensOO
und Gebärens! ‒
Heilig das unsichtbare Band, das OO
längst Gewordenes vereint, auf OO
daß es neuem Werden eine Stätte OO
schaffe! ‒ ‒ ‒
Glückselig Mann und Weib, die solches OO
fassen, und sich in liebender Vereinung OO
zu erkennen wissen, so wie der UrOO
sprung alles Seins alsMannundOO
Weibsich selbst erkennt, in ewigOO
licher Liebeseinung! ‒ ‒ ‒
5 Die Ehe
Glückselig ist das Haus, das GottesOO
hehrster Tempel hier auf Erden wird, OO
da eine wahre Ehe sich in ihm vollzieht, OO
geschlossen vor dem Angesicht derOO
Ewigkeit, von Menschen, die umOO
ihres Menschtums hohe Würde wisOO
sen! ‒ ‒ ‒
Was hier Erfüllung findet, ist geheimOO
nisreiches Wunder, Wenigen auf die‐ OO
ser Welt nur kund, und denen selbst OO
verborgen, die es wirken! ‒ ‒ ‒
Wie so unsagbar töricht klingt es OO
meinen Ohren, ‒ wie aller Weisheit OO
wüstenweit entfernt, ‒ so man mir OO
von „Vollendung” reden möchte, dort, OO
wo sich Mann und Weib auf ihren Le‐ OO
benswegen meiden, um der vermeint‐ OO
lich höheren Entfaltung ihrer Seelen OO
willen! ‒ ‒
6 Die Ehe
Teilgestaltung wähnt VollendungOO
sich zu schaffen, ‒ jeder Ahnung bar, OO
daß sie ihr nur erreichbar wäre in VerOO
schmelzung mit dem anderen, einst im OO
Geiste ihr vereinten, nur hier im ErOO
dendasein körperlich von ihr getrennOO
ten Teil! ‒ ‒
Beklagenswert vielmehr der Mann, OO
beklagenswert das Weib auf dieser Erde, OO
wenn es dem einen Teile hier in seinem OO
Dasein nicht gelingt, den ihm gemäßen OO
anderen Teil zu finden, mit dem verOO
eint er erst ein Ganzes bilden würde, OO
er-gänzt in dem, was seines Einzel‐ OO
poles Eigenschwingung ihm nicht ge‐ OO
ben kann! ‒ ‒
Beklagenswert, wie manches AndereOO
in dieser Erdenwelt, das gleicherweise OO
sich behindert findet, die EntfaltungOO
wirklich zu erreichen, zu der latentOO
7 Die Ehe
die Möglichkeit sehr wohl gegebenOO
wäre...
Oft bietet Sehenden in solchen Fällen OO
sich der Anschein dar, als wolle selbst OO
Natur sich dieser armen, auf ihr uner‐ OO
löstes, halbes Menschtum nur Ver‐ OO
wiesenen erbarmen, indem sie ihre OO
schöpferische Phantasie erregt, sich OO
irgend ein Idol des anderen Geschlechts OO
im Außerweltlichen zu schaffen, das den OO
auf Erden hier vermißten AusgleichOO
durch den körperlichen Gegenpol, auf OO
kümmerliche Weise dann ersetzt. ‒ ‒ OO
Wer die Geschichte der Ekstase und der OO
Mystik kennt, wird unschwer BeispielOO
hier auf Beispiel häufen können...
Gewiß wird dann das so Erlebte umgeOO
deutet und als sublimste geistige Er‐ OO
fahrung aufgewertet, allein, was solcher‐ OO
art erfahren werden kann, ist immerOO
8 Die Ehe
nur aus körperlicher Regung und Er‐ OO
regung zu erklären! ‒ ‒ ‒
Kein Mensch der Erde ‒ mag er MannOO
sein oder Weib ‒ der körperlich zur OO
Ehe tauglich, und nicht durch unerbitt‐ OO
lich hartes Schicksal oder unbehebbarOO
schweren Grund von ihr sich ausgeOO
schlossen sieht, wird hier auf Erden OO
schon sein Geistiges in letzter KlarOO
heit zu erleben fähig, solange er ausOO
freien Stücken den realen, hier naturOO
gegebenen Ausgleich der GeschlechOO
ter flieht! ‒ ‒ ‒
Hier ist nichtsabzuhandeln”, nichtsOO
zu drehen und zu deuteln!!
Keiner derer, die sich selbst auf Erden OO
zu „vollenden” wähnen, und die EheOO
als Behinderung im Vorwärtsschreiten, OO
9 Die Ehe
oder gar als etwas zu VermeidendesOO
betrachten, kann sein Ziel erreichen, ‒ OO
sei es, daß nur verkappte EigensuchtOO
ihn zu verblenden weiß, ‒ sei es, daß OO
religiöser” Wahn ihn zu dem irren OO
Glauben führt, ‒ hier, wo die GottheitOO
sich zutiefst zu ihm herabneigt, OO
müsse er sich vor des „TeufelsSchlinOO
gen hüten, um einer „Heiligkeit” teil‐ OO
haft zu werden, die nur als tolle AusOO
geburt phantastischer AsketenhirneOO
Scheindasein genießt, und leider hier in OO
dieser Scheinwelt wahrlich unheilOO
bringende Verehrung fand, ja stets OO
noch findet! ‒
Dem Wüstling wird das heiligsteOO
Mysterium des Menschen nur zum An‐ OO
laß, Nervenreiz zu schaffen, und in BeOO
friedigung des Reizes: Lust zu suchen. OO
10 Die Ehe
Er ist ein Verirrter, der die WürdeOO
seines Menschtums nicht erfühlt, und OO
Heiligstes mit Schmutz besudelt! ‒ OO
Verirrte aber sind nicht minder alleOO
jene, die auf dem Wege zur Vollkom‐ OO
menheit vorangelangen wollen, ohne OO
zu erkennen, daß sie des GegenpolsOO
bedürfen, sollen sie ein Ganzes wer‐ OO
den! ‒ ‒ ‒
Verirrte sind die töricht ÜberhebliOO
chen, die gar in ihrer Ehelosigkeit GeOO
währ zu haben glauben, daß sie auf dem OO
rechten Wege seien, und die sich hochOO
erhaben wähnen, weil sie, ‒ vermeintOO
lich um des „Himmelreiches” willen, ‒ OO
auf der Ehe Einung mit dem andeOO
ren Geschlecht verzichten! ‒ ‒ ‒ OO
Wohl kann zwar auch der EheloseOO
seinen Weg zur Vollendung wahrlich OO
11 Die Ehe
allein durchmessen und sein höchstes OO
Ziel auf seine Art dereinst erreichen, OO
auch wenn ihm während seiner ErOO
dentage niemals die Erfüllung werden OO
kann, die nur die Ehe ihm erreichbarOO
machen würde. ‒ ‒
Stets kann er nur als Teil sich TeilvollOO
endung zu erringen suchen, und wird im OO
Erdenleben nie zu jener Klarheit kom‐ OO
men, die nur erreicht wird, wo der Mensch OO
die neue Einheit eines Ganzen, ‒ OO
aus Männlichem und Weiblichem ver‐ OO
eint, ‒ in einer wahren Ehe schuf. ‒ ‒ OO
Doch wird der Ehelose dann nur sich auf OO
seine Weise Teilvollendung schaffen OO
können, wenn wirklich Gründe, die nicht OO
Menschenwahnwitz erst ergrub, vorOO
Gott die Ehelosigkeit als nicht geOO
wollt bezeugen! ‒ ‒
12 Die Ehe
Weit seltener jedoch als Wahn es will, OO
sind solche Gründe vor dem Urteil GotOO
tes aufzufinden...
Keiner möge sich auf sie berufen, der OO
nicht in tiefster Einkehr mit sichOO
selbst zu Rate ging, und nicht gewißOO
ward, daß er Gottes Stimme, in der OO
Stille ruhevoller Selbstversenkung, hörOO
te! ‒ ‒ ‒
Keiner aber möge andererseits VereiOO
nigung mit einem Gegenpole andeOO
ren Geschlechts nur aus Begier erstre‐ OO
ben, und bevor er in sich selber sich OO
belehrt fand, daß solche Einigung nurOO
dann ihm Heil verheißt, wenn er sich OO
willig weiß, allein für sie die ewigeOO
Verantwortung zu tragen, ‒ ganzOO
einerlei, ob auch der andere Eheteil sie OO
für sich selber tragen will, oder von OO
solcher Pflicht nichts ahnen mag! ‒ ‒ OO
13 Die Ehe
Der Irrwahn ist alt, daß: „heiratenOO
gut” sei, „nichtheiraten” aber „bes‐ OO
ser”, ‒ und der ‒ vor solcher Torheit OO
nicht geschützt ‒ ihn erstmals ausOO
sprach, hatte wahrlich hohe Einsicht in OO
gar manche geistige Verborgenheiten, so OO
daß hier geistiges Gewicht von unge‐ OO
heuerlicher Schwere seitdem auf denOO
Gewissen aller NachgeborenenOO
lastet...
Es ist an der Zeit, daß endlich hier OO
der Wahn des Weisen seine Macht ver‐ OO
liere!
Es ist an der Zeit, daß endlich nun die OO
Ehe, die man als „Sakrament”, zu OO
deutsch ‒ als Mittel, seine HeiligungOO
sich zu erwirken, ‒ betrachtet sehen will, OO
obwohl man Ehelosigkeit als unver‐ OO
gleichbar „heiligmäßiger” erklärt, der OO
14 Die Ehe
Schändung enthoben werde, die darinOO
ausgesprochen ist, daß man: ‒ das reife OO
Weib, dem höchstes, heiligstes ErfüllenOO
seines Weibtums fremd bleibt, höherOO
stellt, als jede Frau die ihre MutterOO
würde zu erlangen wußte, ‒ den ste‐ OO
rilen Selbstling aber, der seine ManOO
neskraft in sich verzehrt und seines OO
Blutes Wert der Erde raubt, im Wahn OO
befangen, über jeden Mann zu stellenOO
sucht, der hier auf Erden Vater neuen OO
Lebens wurde! ‒ ‒ ‒
Es ist wahrhaftig an der Zeit, daß sich OO
die Ehe ihres Heiligsten zu wehrenOO
wisse, wenn man den Zeugungsakt: „BeOO
fleckung” nennt, so daß man sich nicht OO
scheut, der alten „Heiden” Wundermär OO
zu übernehmen, um die Geburt des GottOO
erhabensten der Menschen, nach alter OO
Mythen Weise, einer „Jungfrau” zu‐ OO
15 Die Ehe
zuschreiben, ‒ nicht ahnend, daß die OO
alten Mythen von der Gottgeburt imOO
Menschenherzen tiefverhüllte Kunde OO
geben, ‒ der Geburt des „Gottessohnes” OO
in der Seele, die nur der GottesgeistOO
befruchten kann...
Hoch aller Ehrung würdig ist wahr‐ OO
haftig jene Frau, die Mutter eines OO
Sohnes werden konnte, dessen lichteOO
Lehre aller Welt das Heil bereiten wür‐ OO
de, wollte man nach ihr zu handeln sich OO
bequemen, soweit man sie noch wahrhaft OO
kennt! ‒
Allein, nicht minder sollte man den VaterOO
eines solchen Sohnes ehren, denn: wer OO
den Sohn hier sieht, der sieht auch den, OO
der ihn erzeugte, da Bluteserbe sich be‐ OO
reits im Dasein finden muß, bevor es OO
Erbe werden kann! ‒ ‒ ‒
16 Die Ehe
Hier ist die Ableugnung der ZeugungOO
aus des Vaters Blut nur Ausdruck je‐ OO
ner Mißachtung, die anderenortes auch OO
die Ehelosigkeit für „heiligmäßigerOO
erklärt, als Ehe! ‒ ‒ ‒
Ehe” heißt mir freilich nicht: ein OO
dumpfes, triebversklavtes BeieinanderOO
leben, um gegenseitig seiner SinneOO
trübe Glut zu löschen! ‒ ‒
Ehe” heißt mir nicht die Mischung der OO
Geschlechter, die im Kinde nur das ÜbelOO
sieht, das ihre Lust bedroht! ‒ ‒
Ehe” aber ist auch nicht: die unverOO
antwortliche Zeugung neuen LeOO
bens, dem die Bedingungen zu seOO
gensreicher Selbstentfaltung nichtOO
gegeben werden können! ‒ ‒ ‒
17 Die Ehe
Wahrhaftig: es gibt auf dieser Erde OO
keinen Lebenszustand, der mehr BeOO
herrschung seiner selbst, mehr MitOO
empfinden mit dem Anderen, mehrOO
Verantwortungsbewußtsein for‐ OO
dern würde, als die rechte Ehe! ‒ ‒ ‒ OO
Nur, wer hier alle hohe Forderung erOO
füllt, darf hoffen, daß er auch das GlückOO
der Ehe finde, das doch so viele suchen, OO
und so wenige erfahren, da es die OO
allermeisten heischend ‒ als ihr „gutesOO
Recht” ‒ erlangbar glauben, statt ein‐ OO
zusehen, daß es der Mensch ‒ wie allesOO
Glück ‒ sich selber auferbauen, sich OO
selber schaffen muß! ‒ ‒ ‒
In diesem Buche wird nunmehr von demOO
die Rede sein, was wahre Ehe ist, und OO
was sie fordert.
18 Die Ehe
Ich werde zeigen, daß es zwar unbeirrOO
bare Bereitschaft, geschulten WillenOO
und erzogene Kraft verlangt, die Ehe, OO
wie sie sein muß, aufzurichten, ‒ daß OO
es jedoch viel leichter ist, die wahrOO
haft gute Ehe und ihr Glück zu schaf‐ OO
fen, als die vielen unglücklichen Ehen OO
glauben machen möchten...
Für alle, die noch vor der Ehe stehen, OO
möge das Folgende zur VorbereitungOO
dienen.
Die längst in einer Ehe leben, ‒ OO
sei sie nun glücklich, oder getrübt, ‒ OO
mögen aus meinen Worten wählen, was OO
ihnen noch nützen kann!
Wer aber vor der furchtbar ernsten Frage OO
keinen Ausweg sieht, ob er die Ehe, die OO
er einst in froher Glückserhoffung schloß, OO
nun lösen soll, da alle Glückes-MögOO
19 Die Ehe
lichkeit ihr längst erstorben scheint, der OO
frage sich nach der Lektüre dieses Buches, OO
ob er zu solcher Lösung wirklich sich OO
berechtigt weiß, und ob er die VerOO
antwortung dafür auch vor dem AnOO
gesicht der Ewigkeit noch tragenOO
will?! ‒ ‒ ‒
Gewiß soll unrettbar Zerrüttetes nicht OO
jedem neuen Glück im Lichte stehenOO
bleiben!
Gewiß soll man in einem Lebensbunde, OO
der Enttäuschung an EnttäuschungOO
reihte, und nun Tag für Tag nur GramOO
und Unheil schafft, nicht bis zum letzOO
ten Fluch verharren!
Allein: ‒ gar manche Ehe wurde unter OO
Menschen schon gelöst, obwohl sie OO
keineswegs vor Gott die SchädenOO
zeigte, die zur Lösung die BerechtigungOO
gegeben hätten...
20 Die Ehe
Gar oftmals hätte ernster NeubeginnOO
der Ehe, auch zu neuem und nun dauOO
erbaren Glück den Grund gelegt, wären OO
nicht vorschnell alle Brücken zueinOO
ander abgebrochen worden, da man OO
bereits nach neuem Glück an eines anOO
deren Menschen Seite schielte. ‒ ‒ ‒ OO
Wer da hören will, und fühlt, daßOO
es ihn angeht, ‒ möge hören!
Der aber der Ehe fernbleiben muß, ‒ OO
sei es nun Schicksal, daß sie ihm verOO
sagt bleibt, oder werde er durch PflichtOO
gezwungen, ehelos zu bleiben, weil er OO
Verantwortung für eine Ehe niemals OO
tragen könnte, ‒ ‒ der lege diesesOO
Buch zur Seite, denn nicht für ihn ist OO
es geschrieben worden! ‒
Ich schreibe hier für Menschen, die durch OO
keinen unabänderlichen und vor GottOO
21 Die Ehe
gegebenen Grund behindert werden, OO
die Vollendung in der Einheit einerOO
Ehe zu erstreben. ‒
Nur diesen gilt, was hier zu WorteOO
wird!
Wohl sind mir auch die TruggespenOO
ster irren Fühlens sehr bekannt, die OO
an dem Heiligtum der Ehe rütteln wie OO
an altersgrauen Mauern, die man stürOO
zen müsse, wolle man den Weg zurOO
Freiheit finden.
Hier aber ist nicht eindringlich geOO
nug zu warnen, vor verhängnisOO
voller Täuschung!
Aus wilder Herdengemeinschaft, in OO
der sich ‒ kurz und derb gesprochen ‒ OO
jedes Weib noch jedem Mann ergebenOO
22 Die Ehe
mußte, der es zu bezwingen fähig war, OO
führte unsagbar weiter Weg den OO
Erdenmenschen endlich zu dem hohenOO
Tempel in der Geisteswelt, der einenOO
Mann dem einen Weibe eint. ‒ ‒ ‒
Die Tierheit ward dem Geiste unter‐ OO
tan, auch wenn sie sich noch immer sträuOO
ben mag, ihm willig zu gehorchen. ‒ ‒ OO
Und wenn es auch noch heute MillionenOO
gibt, die nicht auf solcher Stufe stehen, OO
‒ wenn auch noch ganze Völker in OO
dem Weibe einzig die Gebärerin und OO
das Gefäß der Lust erblicken, oder gar OO
das Arbeitstier, das man erhandeltOO
wie das liebe Vieh, so daß die AnzahlOO
Frauen, die der Mann „besitzt”, zum OO
Zeugnis seines Reichtums wird, wie OO
seine Herden auf der Weide, ‒ so ward OO
auf höherer Stufe doch auch längst er‐ OO
23 Die Ehe
kannt, daß nur die Ehe, die das eineOO
Weib dem einen Mann verbindet, OO
geistig-göttlichem Gesetz entOO
spricht. ‒ ‒ ‒
Wehe denen, die in unbezähmterOO
Gier die eigene Ehe unterwühlen, ‒ OO
nicht fähig, einen Menschen anderenOO
Geschlechts zu sehen, ohne seiner zu OO
begehren! ‒ ‒
Man nenne es nicht „Zufall”, sondern OO
fühle einen Willen hier am Werke, wenn OO
die von jeder anderen Geschlechtsver‐ OO
mischung sorglichst reingehalteneOO
Ehe, aus dem GeschlechtsverkehrOO
her, unerreichbar bleibt für jene fürch‐ OO
terliche Seuche, die aus kurzer Augen‐ OO
blicke unbezähmter Lustgier: FluchOO
und Unheil über GenerationenOO
bringt! ‒ ‒ ‒
24 Die Ehe
Hier zeigt Natur mit aller Deutlichkeit, OO
was sie, auch schon von sich aus, von OO
dem Erdenmenschen dieser Tage forOO
dert!
Wer es auch sei, und welche GründeOO
ihn bestimmen mögen, ‒: der Mensch, OO
der an der Ehe, die das eine Weib dem OO
einen Mann verbindet, freventlich zu OO
rütteln wagt, indem er solcher Ehe BinOO
dung und Verpflichtung nicht beachtet, OO
ladet schwerste Schuld auf sich: ver‐ OO
sündigt sich an aller ErdenmenschOO
heit, und schafft kosmische Verwirrung, OO
‒ ‒ ganz abgesehen von der ungeOO
heuerlichen Schändung eines TemOO
pels, der dort, wo eine Ehe sich voll‐ OO
zieht, im reinen, wesenhaften GeisteOO
aufgerichtet wurde! ‒ ‒ ‒
Nur hohe Gnade kann den so mitOO
Frevelschuld beladenen VerbrecherOO
25 Die Ehe
an der Ehe noch entsühnen, und nur: OO
wenn selber er die Sühne sucht! ‒ ‒ OO
Doch, nicht viel kleiner ist auch jeneOO
Schuld, die jeder auf sich bürdet, der OO
sich vermißt, hier eine Form zu sprenOO
gen, die ihm „überlebt” erscheint, da OO
er sie nicht mit wahrem Leben zu erOO
füllen weiß! ‒ ‒
Vergeblich bleibt auf dieser Erde alles OO
Streben, etwa eine neue, bessere Form OO
der Einung der Geschlechter zu gestalten, OO
denn: ‒ was die Menschheit in derOO
Ehe eines Mannes mit dem einenOO
Weibe zu erringen wußte, gründetOO
in der Gottheit innerster GestalOO
tung! ‒ ‒ ‒
Wer hier zerstören will, was hohe Ein‐ OO
sicht auferbaute, der ist sich nicht der OO
Folge seines Tuns bewußt!
26 Die Ehe
Ein Sanktuarium des Geistes würde OO
so vernichtet, an dem Jahrtausende die OO
Weisesten der Erde bauen sahen! OO
‒ ‒ ‒
Es müßten kommende Jahrtausende OO
vergehen, sollte es dereinst erneutOO
errichtet werden, so dies möglich wäre, OO
läge es in seinen Trümmern! ‒ ‒ ‒ OO
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ OO
*
27 Die Ehe
ZWEITES KAPITEL
VON DER LIEBE
SO, wie der Ehe heilighoher Bund, OO
wie ich ihn sehen lehren will, vor OO
allem in der Liebe sich vollendet, und OO
ohne Liebe nicht bestehen kann, ‒ so OO
sei auch hier, vor allem Anderen, nun OO
der Liebe ein Betrachtungswort geweiht. OO
Es wird die Rede sein zuerst von einer OO
Form der Liebe, die zwar im IrdischenOO
zur Wirkung kommt, doch tief im OO
Geiste gründet. ‒
Auch im Tiere ist diese Liebe zu finden, OO
wie in allem, was lebt!
Jedoch, das Tier vermag es nicht, die OO
Geistbegründung dieser Art der LiebeOO
zu erfühlen, und so bleibt es beschränkt OO
auf Trieb und Brunst, ‒ auf dumpfes OO
Suchen seiner Mutterschaft und SorgeOO
für denWurf”. ‒
31 Die Ehe
Nur allzuoft ist aber leider auch der OO
Mensch der Erde ganz in gleicher Weise OO
seiner Tierverhaftung Sklave: ohne OO
jede Sehnsucht, sich als Herr und MeiOO
ster seiner Tierheit zu bewähren...
Erbarmen faßt den Sehenden, erblickt OO
er solche Schmach an Wesen seinerOO
Art, ‒ sieht er die jämmerliche SelbstOO
erniedrigung, die sich genügen läßt an OO
geiler Lust und viehischem Behagen, OO
wo Macht gegeben ist, die göttlichOO
reinsten Freuden zu erleben! ‒ ‒ OO
So mancher aber, der zwar nicht die OO
tiefsten Gründe allen Daseins offen sah, OO
jedoch in sich die Ahnung von der WürdeOO
seines Menschtums trug, ward seines OO
Ekels nicht mehr Herr, sah er den Men‐ OO
schennamen solcherart entweiht. ‒
32 Die Ehe
Er wähnte nun, daß alle Liebe, die der OO
Tierheit Kräfte auslöst um sich zu er‐ OO
leben, auf gleicher abgrundtieferOO
Stufe stehen müsse, und konnte nicht OO
mehr fassen, daß auch der TierheitOO
Trieb dem Geiste Anlaß eigenen ErOO
lebens werden kann...
Fluchend grollte er dem Schicksal, das OO
ihn zwang, in seinen Adern „TierischesOO
zu fühlen, dem er sich niemals ganz ent‐ OO
winden konnte. ‒ ‒
In solcher Wirrnis qualbefangen, über‐ OO
gab er sich alsdann dem Wahn, daß alle OO
Liebe, die sich in ihm irdisch-tierhaft OO
äußern wolle, eine Ausgeburt der HölleOO
sei, und seine Seele zu vernichtenOO
drohe. ‒
Wo hätte er auch die Belehrung suchen OO
sollen, die seiner Selbstqual AuflösungOO
geschaffen hätte durch Erkenntnis?!? OO
33 Die Ehe
Die Einen suchten nur sein Wähnen zuOO
bestärken, da sie selbst im gleichenOO
Wahn befangen waren, ‒ die AnderenOO
‒ ‒ verlachten ihn...
Die aber selbst das Glück des seligsten OO
Gewährens kannten, ‒ das Glück derOO
Liebe, die dasTierder GottheitOO
eint: die alle „Ächtung” von ihm nimmt, OO
indem sie seine Triebe läutert und zumOO
Dienste seelischen Erlebens schult, OO
‒ wußten nur selten über das zu reden, OO
was ihnen heiligste Erfahrung war. OO
‒ ‒ ‒
Wo aber wird Belehrung mehr ent‐ OO
behrt, als auf den Wegen durch derOO
Liebe irdische Gefilde, da allenthalben OO
giftgeschwängerte Gewächse in den OO
gleichen gluterfüllten Farben sprießen, OO
34 Die Ehe
wie jene reinsten Blütenkelche, die in OO
ihrer Tiefe Tau des Himmels bergen!? OO
‒ ‒
Man wird nicht lange suchen, will man OO
Menschen finden, die nur ironischOO
bitter lächeln können, hören sie die OO
Liebe preisen...
Man wird die Ehen leichthin zählenOO
können, in denen Mann und Weib in OO
solcher Art die Liebe kennen, wie sie OO
jede Menschenehe kennen sollte! ‒ ‒ OO
Die Einen glauben, wahre Liebe müsse OO
sich allein im Seelischen erschöpfen OO
lassen, und ihre Leiber werden ihnen OO
gegenseitig fast zum Greuel, da sie eben OO
doch noch Anderes heischen...
Die Anderen aber glauben ihre LiebeOO
nur in der Befriedigung der TriebeOO
zu genießen, bis sie zuletzt in ÜberOO
35 Die Ehe
sättigung sich voneinander wenOO
den. ‒ ‒
Beides ist freilich nicht die rechte Art, OO
um jene Form der Liebe zu erleben, die OO
eine wahre Ehe braucht!
Die Liebe, die allhier allein ErfüllungOO
geistigen Gesetzes schafft, will wederOO
Geistiges, noch Tierhaftes in ihrer OO
Auswirkung entbehren.
Das durch die Tiernatur des Erdenmen‐ OO
schen aber einmal nun Gegebene, soll OO
keineswegs nur tierisch, „viehisch”, OO
ausgekostet werden, sondern, vom Gei‐ OO
stigen durchdrungen und dadurch verOO
wandelt: ‒ selbst ins Geistige erOO
hoben, ‒ zu Bewußtsein kommen.
So sollen Mann und Weib, in geistigOO
körperlicher Einung, sich ineinanderOO
36 Die Ehe
nun erkennen, wie Mann und WeibOO
im Göttlichen vereinigt waren, einst OO
vor dem „Fall” in diese physisch-sinn‐ OO
liche Erscheinungswelt, ‒ und wie das OO
Männliche dem Weiblichen erneut ver‐ OO
einigt wird, sobald erst beide Mensch‐ OO
tumsteile die Erlösung sich erwirkten OO
in der Geisteswelt...
Für diese Worte wird dem geilen WüstOO
ling ganz in gleicher Weise das VerOO
ständnis fehlen, wie dem Asketen, der OO
in jeder Regung seiner ‒ durch ihnOO
selbst allein beschmutzten ‒ Tiernatur, OO
nur „teuflischeVersuchung wit‐ OO
tert. ‒ ‒
Die aber Ähnliches, wie das, was meine OO
Worte darzustellen suchen, auch nur OO
einmal in sich selbst erfahren haben, OO
37 Die Ehe
werden wahrlich wissen, was die Worte OO
meinen! ‒ ‒ ‒
Wer aber auch nicht aus ErfahrungOO
weiß, von welchem heiligen MysteOO
rium, ‒ erlebbar in der körperlichen OO
Leibvereinung, ‒ ich hier rede, der wird, OO
so er nur reinen Herzens ist, erahnenOO
können, was er dann erst wissen kann, OO
wenn er es selbst erlebt! ‒
Jegliches Weib, und jeder Mann, wird OO
nur in diesem, hier auf Erden höchsten, OO
körpersinnlich-geistigen ErlebenOO
neuer Einheit die Erfüllung finden, OO
die ‒ ohne jeden schalen Rest anOO
unbefriedigter Empfindung ‒ erst OO
völlig jenes heiße seelisch-körperOO
liche Sehnen stillt, das die Geschlech‐ OO
ter, ‒ wo nicht Tierbrunst nur Befrie‐ OO
38 Die Ehe
digung erheischt, ‒ in Liebe bis zumOO
Selbstvergessen, zueinander zieht! OO
‒ ‒ ‒
Doch nur in einer wahren Ehe, die Mann OO
und Weib in neuer Einheit faßt, und ‒ OO
mindestens dem ernsten, festen WilOO
len nach ‒ für beider Lebenszeit ge‐ OO
schlossen wurde, kann sich Geschlechts‐ OO
vereinigung zu solcher Höhe heben, OO
da hier nur jene Einheitsform im weOO
senhaften Geiste sich gestaltet finOO
det, die so erlebbar wird. ‒
Immer aber wird nur höchste ZuchtOO
der Sinne, höchste Zucht der PhanOO
tasie, das Unbegreifliche: EreignisOO
werden lassen im Erleben! ‒ ‒ ‒ OO
Gewiß ist das Kind jeder wahren Ehe OO
Ziel und Wunsch!
39 Die Ehe
Und dennoch ist, nach geistigem GeOO
setz, das durch die Ehe zur ErfüllungOO
kommen will, ‒ die Zeugung und GeOO
bärung neuen Lebens erst der zweiteOO
Zweck der ehelichen Einung! ‒ ‒ ‒
Ihr erster ist die Bildung einer neuen OO
Geisteseinheit, in der sich Teil und an‐ OO
derer Teil zu jenem Ganzen ineinander‐ OO
schmelzen, das nur auf geistig-körOO
perliche Weise für den Menschen dieser OO
Erde noch empfindbar ist, ‒ dannOO
aber auch, in Auswirkung des so Er‐ OO
lebten, ‒ dem ganzen Dasein einen OO
Kräftezuwachs schafft, den nur das OO
geistige Ganze spenden kann, und den OO
kein Teil, wie immer er sich strebend OO
recken mag, für sich allein erreicht! OO
‒ ‒ ‒
So ist die Ehe, schon um der in ihrOO
allein nur möglichen Erfüllung allenOO
40 Die Ehe
Sehnens reiner geistig-körperlicherOO
Liebe willen, eine hohe Hilfe auf demOO
Wege zur Vollendung, ‒ eine tiefOO
geheimnisvolle Vorbereitung aufOO
die Rückkehr in das Reich des weOO
senhaften Geistes, ‒ eine Pforte, OO
die zu seligstem Erahnen übererOO
denhaften Lebens alle jene führt, OO
die willens sind, den Schlüssel zuOO
gebrauchen, der ihnen hier in diesem OO
Buche dargeboten wird! ‒ ‒ ‒
Wäre der Erdenmensch nur wesenhafte OO
Geistgestaltung, so würde wahrlich OO
alles, was die Ehe ihm erlebnisnaheOO
bringt, auch nur in seiner GeistgestaltOO
erlebbar sein.
So aber ist der Mensch, der einst aus sei‐ OO
nem hohen, göttergleichen „LeuchtenOO
fiel, um sich in physisch-sinnlicher Er‐ OO
41 Die Ehe
scheinungswelt nun zu erleben, ‒ ‒ OO
wie er vermeinte: als sein eigener, OO
seinem Ursprung nicht mehr eingeOO
borenerGott”, ‒ ‒ allhier dem TieOO
rischen verhaftet worden, so daß ihm OO
alles, was er noch im Geistigen emp‐ OO
finden will, nur faßbar wird in leibOO
hafter Empfindung durch der TierheitOO
ihm vertraute Kräfte. ‒ ‒
Und fühlt er sich, ‒ obwohl ihn nur des OO
Erdentieres Körper trägt, solange er auf OO
Erden lebt, ‒ in eitlem Wahn dem Tier‐ OO
haften enthoben, so trügt er nur sichOO
selbst und hindert seine eigene EntOO
faltung, vermeintlich „geistiges” Er‐ OO
leben kennend, das ‒ ‒: nur desOO
Tieresirrgeleitetes EmpfindenOO
ist! ‒ ‒ ‒
Nichts aber schützt vor solcher IrreOO
leitung tierhaften Empfindens wirOO
42 Die Ehe
kungsvoller, als die rechte Ehe, in der OO
die geistig-körperliche Liebe ihre OO
reinste, höchste Form gefunden hat! OO
Doch ist die Liebe, die in einer wahren OO
Ehe alles lenkt und leitet, keineswegs OO
allein darauf verwiesen, sich ausschließ‐ OO
lich nur in geistig-körperlicher Art OO
zu zeigen: ‒ gebunden an die Sehnsucht OO
der Geschlechter, sich zu einen.
Bleibt diese geistig-körperliche Liebe OO
auch stets Vorbedingung einer ehe‐ OO
lichen Einung, ansonst ein „Ehebund” OO
zum eklen Spottbild seiner selbst her‐ OO
abgeschändet wird, so überstrahlt doch OO
auch zu gleicher Zeit die Liebe noch in OO
anderer Form das Leben zweier Men‐ OO
schen, die sich in der Ehe fanden und um OO
ihre Zweieinheit im Geiste wissen... OO
43 Die Ehe
Ich rede hier jetzt von der Liebe ohneOO
Gegenstand der Liebe: ‒ von einer OO
Form der Liebe, die des GegenstandesOO
nicht bedarf! ‒
Auch sie wird Irdischem nur dann OO
empfindbar sein, wenn sie durch Ir‐ OO
disches vermittelt wird...
Wenn aber geistig-körperliche Liebe, OO
wie sie zur Einung der GeschlechterOO
in der Ehe führt, stets ihren Liebes‐ OO
Gegenstand benötigt, um sich in Ver‐ OO
einungsglut zu fühlen, ‒ ja, wenn selbst OO
jene Liebe, die das Kind umhegt, und OO
rückstrahlt auf das Elternpaar, nicht OO
ohne Gegenstand der Liebe ist, so han‐ OO
delt es sich hier nun um die völlig losOO
gelöste Liebe, die nichts im Äußeren OO
begehrt, und auch nicht GegenliebeOO
fordert, da sie Erfüllung findet in sichOO
selbst, wo immer sie im Dasein ist. ‒ ‒ OO
44 Die Ehe
Nicht allzuvielen ist diese Liebe OO
bekannt!
Nicht allzuoft wird sie im ErdenlebenOO
ausgewirkt!
Und doch ist sie weit häufiger zu fin‐ OO
den, als jene höchste Form der eheOO
lichen Liebe, die es vordem zu um‐ OO
schreiben galt!
Schon darum, weil sie durchaus nichtOO
nur in der Ehe sich allein ErfüllungOO
schaffen kann...
Es darf jedoch die Ehe, soll sie wahr‐ OO
haft glücklich sein, auch diese Liebe OO
ohne Gegenstand der Liebe nicht ent‐ OO
behren müssen! ‒
Nicht nur im heilighehren TempelOO
ehelicher Lagerstätte, ‒ zu dem die OO
45 Die Ehe
kleinste, engste, arme Hütte wird, in der OO
sich Mann und Weib vereint in jener OO
höchsten Form der geistig-körperOO
lichen Liebe finden, ‒ wirkt sich das OO
Leben zweier Ehegatten aus!
Die wahre Ehe ist Gemeinsamkeit desOO
Lebens in der weitesten Bedeutung OO
dieses Wortes!
Es läßt sich aber dieses Erdenleben nicht OO
gemeinsam führen, ohne beiden Teilen OO
stets auf Schritt und Tritt zu zeigen, daß OO
sie trotz aller geistig-körperlichenOO
Einung, doch in der Außenwelt nochOO
zwei getrennte Teile eines GeistesOO
Ganzen bleiben, deren jeder von Na‐ OO
tur aus eigenen Gesetzen unterordnet OO
ist. ‒ ‒
Zwei Eigenleben stehen sich auf solche OO
Weise gegenüber, und sollen doch inOO
46 Die Ehe
einem neuen Leben der GemeinOO
samkeit vereinigt werden!
Sie müssen diese Einung ebenso er‐ OO
reichen, ‒ wollen sie ihr Glück nicht OO
von sich jagen, wie sie in ihrer geistigOO
körperlichen Liebe eine neue Einheit OO
wurden...
Hier aber ist die geistig-körperlicheOO
Liebe nicht mehr tauglich, Einung zu OO
bewirken, ‒ und so liegt hier die Wur‐ OO
zel jenes Wahnes bloß, der da vom an‐ OO
geborenen „Hasse der GeschlechterOO
zu orakeln weiß. ‒
Ach nein, meine Freunde, ‒ wahrOO
lich, solcher Haß ist nicht begründetOO
im Geschlecht an sich, wenn er zu‐ OO
weilen dort sich zeigt, wo MenschenOO
im Zusammenleben sich begegnen, OO
47 Die Ehe
die verschiedenen Geschlechtes sind! OO
‒ ‒
Stets handelt es sich dann nur um denOO
Widerstreit erotischen VereinungsOO
willens gegen jenen anderen Willen, OO
der den Teil allein als Ganzes aner‐ OO
kannt, und seines Eigenlebens NormOO
allein in Geltung sehen möchte!
Aus solchem Widerstreit kann dann ein OO
Haß erstehen, den man sehr zu UnrechtOO
so zu deuten sucht, als sei er schonOO
naturgegeben im Geschlecht!
Ihn aber zu besiegen ist nur jene Art OO
der Liebe fähig, die nicht durch einenOO
Gegenstand der Liebe erst entzündetOO
wird, und die sich auswirkt, ohne einen OO
Gegenstand zu suchen, da sie in sichOO
selbst Erfüllung ist. ‒ ‒
Nur diese Liebe um der Liebe willenOO
lehrt auch stets die rechte Weise fin‐ OO
48 Die Ehe
den, nach der sich Teil und andererOO
Teil in einer Ehe immerdar zu forOO
men und zu schleifen suchen müssen, OO
wollen sie in Lebenseinheit zueinOO
anderpassen! ‒ ‒
Selbst manche sogenannte „Ehe”, die OO
von der wahren Ehe nur den NamenOO
borgt, wird oftmals noch zu einer leid‐ OO
lichen Gemeinsamkeit geformt, wenn in OO
dem einen dieser Ehegatten, oder gar OO
in beiden, etwas von der Liebe umOO
der Liebe willen wirkt, ‒ auch wenn OO
die geistig-körperliche Liebe nie zu OO
ihrer höchsten Form gefunden hatte, ja OO
wenn sie selbst in niederen Formen OO
kaum vorhanden war...
Sprichwörtlich ist die „heiße Liebe”, OO
die dann später zum „Erkalten” kam! OO
49 Die Ehe
Doch: ‒ echte Liebe kann niemals „erOO
kalten”, weil sie nur dort entzündetOO
wird, wo ihre helle Lichtglut unerOO
schöpflich reiche Nahrung findet! ‒ ‒ OO
Sie kann zum wilden Feuer werden, OO
aber niemals, ‒ möge man sie auchOO
mit allen Mitteln zu ersticken suOO
chen, ‒ kann sie verlöschen: kann sie OO
zum Erkalten kommen!
Was solcher Glut der Liebe aber nichtOO
entspricht, mag sinnlicher Rausch sein, OO
oder eine künstlich aufgestachelteOO
Erotik, ‒ mag Freundschaft mißOO
verstehen, mag Bewunderung, OO
mag Dankbarkeit vielleicht in „LiebeOO
fälschen, ‒ ‒ mit echter Liebe aber hat OO
dann dieses Fühlen nur das Wort ge‐ OO
mein...
Niemand soll sich viel verwundern, OO
50 Die Ehe
wenn hier Pseudo-Liebe früher oder OO
später zum „Erkalten” kommt!
Nie aber darf derartig aufgenährtes OO
Scheingefühl in einem Menschen so zur OO
Macht gelangen, daß er sich selbstOO
betört und überredet, als sei der UnOO
terbau gegeben, eine Ehe aufzurichOO
ten! ‒ ‒
Unsägliches Unglück würde auch verOO
mieden, wollten Mann und Weib, die OO
sich im Leben irgendwie begegnen, nichtOO
gleich aus jeder leisen Regung derOO
Erotik einen Fetisch machen, den sie OO
ihre „Liebe” nennen!
Es ist naturbegründet, daß zwischen OO
jedem Mann und jedem Weibe SchwinOO
gung der Erotik stets vibriert, und sei OO
auch dieses feine, stetige VibrierenOO
51 Die Ehe
unsichtbarer Kräftewellen, ‒ wie OO
bei allen Menschen seelisch reiner Art, OO
so leise, daß es im BewußtseinOO
völlig unbeachtet bleibt.
Gefahr liegt hier nur dadurch vor, daß OO
ungefestigte Naturen, deren PhanOO
tasie nicht ahnt, was Zucht und HerrOO
schaft eines reinen Herzens heißt, OO
an solcher leisen Schwingung schon dieOO
Freude der Berauschung suchen, vonOO
sich aus stetig dann die SchwingungOO
steigern, und nicht eher ruhen, als bis OO
aus Übersteigerung: ‒ Begehren wird... OO
Dieses Begehren aber nennen sie dann OO
Liebe”, und leiten gar das Recht, ein OO
eheliches Bündnis zu erstreben, aus OO
solcher Ausgeburt haltloser PhantaOO
sie-Entartung ab, ‒ um Wüstenweite OO
ferne jeglicher Oase des VerantworOO
tungsbewußtseins, ‒ fast monoma‐ OO
52 Die Ehe
nisch nach Erfüllung des BegehrensOO
strebend, ‒ um schließlich, nach ErreiOO
chung ihres Zieles, dem einst so heiß OO
begehrten anderen Teil der so erstreb‐ OO
ten „Ehe” jede Neigung zu entziehen, OO
da ja längst schon wieder anderes Be‐ OO
gehren lockt...
Ich brauche kaum zu sagen, daß es sich OO
in solchen Fällen meistens nur um MänOO
ner handelt, die das Weib begehren, OO
denn selten nur ist auch die Phantasie OO
des Weibes so entartet, daß sie das OO
Weib die gleichen Wege gehen heißt. OO
Wer anders über Weibesart Bescheid OO
zu wissen glaubt, der möge sich erinnern, OO
daß seine Weisheit solchenfallesOO
sicherlich von ‒ ‒ Männern stammt, OO
die allzuunverhohlen ihre Wesensart OO
am liebsten auch im Weibe wiederfinden OO
53 Die Ehe
möchten, ‒ es sei denn, daß er selberOO
nur die Dirne kenne, und DirnenartOO
in jedem Weibe wittere! ‒ ‒
Gar vielfach aber läßt sich leider auch OO
das Weib verleiten eine „Ehe” ohneOO
Liebe anzustreben, um später in die OO
Klage auszubrechen, daß es „kein GlückOO
in seiner „Ehe” finde.
Doch schafft das Weib sein Unheil meist OO
aus anderen Gründen, und vielfach sind OO
sie weit verzeihlicher als die des OO
Mannes. ‒
Ehrgeiz, den Mann, den es bestauntOO
in irgend einer Leistung, sich vor anOO
deren zu erringen, ‒ der Wunsch, OO
versorgt” zu sein, oder dem allzuOO
strengen Elternhause zu entfliehen, OO
‒ das sind zumeist die Gründe, die dasOO
54 Die Ehe
Weib bestimmen können, eine „Ehe” OO
einzugehen, ohne Liebe zu empfinden, OO
wenn nur die Schwingung der ErotikOO
soweit steigerbar erscheint, daß sie OO
ihm einen sinnlich-äußeren Ersatz für OO
Liebe bildet. ‒
Auf welcher Seite aber auch die Schuld OO
am schwersten lasten möge: ‒ stets OO
wird ein solcher „Lebensbund”, der oft OO
kaum Jahre schlecht und recht noch OO
überdauert, nur arges Zerrbild einer OO
wahren Ehe sein! ‒ ‒
Das geistige Gesetz, das unerbittlich OO
fordert, daß man ihm genüge, wo sich OO
Mann und Weib zur Ehe einen wollen, OO
ist nicht zu „biegen” und zu „brechen”, OO
wie man eine „Ehe” biegt und bricht, OO
die da in Wahrheit keine ist, und nie‐ OO
55 Die Ehe
mals eine war, wenn solches sich ereig‐ OO
nen kann, ‒ auch wenn die beiden Ehe‐ OO
gatten einstmals glaubten, daß sie dieOO
Ehe eine, und es solange glauben OO
mochten, bis dann Prüfung dieser EheOO
Unterbau erprobte. ‒ ‒ ‒
Wo darum wahre Ehe werden soll, OO
dort frage man vor allem nach der wahren OO
Liebe! ‒ ‒ ‒
Sie ist gar leicht zu erkennen, und OO
unmöglich wird es ihr, sich zu verOO
bergen! ‒ ‒ ‒
Man kann sich aber niemals früh genugOO
aus Träumen reißen, die eine PseudoOO
Liebe hätscheln wollen, und niemals OO
kann man streng genug sich selber OO
jedes Tun verweisen, das einen Ne‐ OO
benmenschen, der, gefühlsbetört, in OO
56 Die Ehe
solcher Pseudoliebe sich gefällt, auch OO
noch in seinem Wahn bestärkenOO
könnte...
Doch, wahre Liebe ist nicht nur „GeOO
fühl”, und nicht im Fühlen läßt sie sich OO
erschöpfen! ‒
Liebe ist vor allem Kraft! ‒
Wer sie mißbraucht, kann diese gleiche OO
Kraft im ‒ Hasse kennenlernen!
Dort wirkt sie dann in ihrer SelbstOO
verzerrung...
Wer aber Liebeskraft in ihrer höchstenOO
und erhabensten Entfaltung in sich OO
selbst empfindet, der strahlt LiebeOO
aus und wird sie sicherlich auch dort OO
erwecken, wo sie noch im Schlafe ruht, OO
sobald er fühlt, daß ihm der Mensch be‐ OO
57 Die Ehe
gegnet ist, den ihm sein Schicksal zube‐ OO
stimmte, um in einer wahren Ehe sich mit OO
ihm zu einen. ‒ ‒ ‒ ‒
Wo beide Teile fühlend voneinander OO
wissen, daß sie echte Liebe eint, dort OO
soll wahrhaftig aus der Liebe auch die OO
Ehe aufgerichtet werden!
Glückselig jede Ehe, die auf solchemOO
Fundamente baut!
Sie wird durch keinen Sturm, der sie um‐ OO
tost, erschüttert werden, und keine OO
Brandung kann sie jemals unterOO
wühlen!
*          *
*
58 Die Ehe
DRITTES KAPITEL
VON DER GEMEINSAMKEIT
AUCH das allerengste BeieinanderOO
leben zweier Eheleute schafft noch OO
lange nicht Gemeinsamkeit, während OO
sie dort gar oft besteht, wo Mann und OO
Weib ‒ sehr gegen Wunsch undOO
Willengezwungen sind, meist lange OO
Zeit in äußerer Entfernung zu verOO
harren: nur kurz und selten unter glei‐ OO
chem Dach vereint. ‒
Wenn aber auch Gemeinsamkeit nicht OO
abhängt von der steten Bindung an die OO
gleichen Räume, so wird doch jede wahre OO
Ehe Raumgemeinschaft zu erstrebenOO
suchen, wo immer dies mit der gebotenen OO
Sorge für des Lebens Notdurft, mit den OO
Pflichten, die Beruf und Stand erheischen, OO
zu vereinen ist.
Aber ein Anderes ist das BeieinanderOO
leben in den gleichen Räumen, nur weil OO
61 Die Ehe
man das Alleinsein nicht erträgt: die OO
Gegenwart des Anderen nicht missenOO
möchte, ‒ und wieder ein Anderes ist OO
Gemeinsamkeit! ‒
Gemeinsamkeit ist Einung zweier OO
Menschen, auch in allem Denken, alOO
lem Fühlen, allem Handeln!
Sie wird nicht durch das nahe Beiein‐ OO
anderleben etwa erst erzeugt!
Wo innere und äußere Gemeinsamkeit OO
nicht schon bestand, bevor man Raum‐ OO
gemeinschaft suchte, dort kann das enge OO
Beieinanderwohnen, statt Gemeinsam‐ OO
keit zu fördern, ihr die grimmigstenOO
Gefahren schaffen. ‒ ‒
Es ist darum für Alle, die sich in der EheOO
einen wollen, bitter nötig, nach GeOO
meinsamkeit, im hier gemeinten Sinn OO
62 Die Ehe
zu streben, noch bevor sie ihre Ehe OO
schließen! ‒
Wie vieles Unheil wäre schon verhüOO
tet worden, hätte man zur rechten Zeit OO
erkannt, daß diese Forderung sich nichtOO
umgehen läßt, statt sorglos sich dem OO
falschen Glauben hinzugeben, daß GeOO
meinsamkeit, wie sie vonnöten ist in OO
jeder wahren Ehe, sich ganz von selbstOO
im Eheleben finde! ‒ ‒
Das Streben nach Gemeinsamkeit in OO
allem Denken, allem Fühlen, allem Han‐ OO
deln, wird aber niemals zu Erfolgen füh‐ OO
ren, dort, wo der eine Teil den anderen OO
stets durch Wort-Turniere überzeuOO
gen will, daß er nur seiner Ansicht sich OO
bequemen müsse, um allsogleich „Ge‐ OO
meinsamkeit” mit ihm zu haben...
63 Die Ehe
So kann der eine Teil gewiß den anderen OO
ermüden, und ihn dann endlich zwinOO
gen, um des lieben Friedens willen, sich OO
zu fügen, allein, was so zustande‐ OO
kommt, ist alles andere eher, als GeOO
meinsamkeit, und früher oder später OO
hinkt die böse Folge nach!
Nie kann ein Zwang, ‒ und sei es selbst OO
der „süße Zwang der Liebe”, ‒ in OO
einer Ehe die Gemeinsamkeit begrün‐ OO
den, die ihr nicht minder nötig als die OO
Liebe ist!
Willst du, o Liebender, GemeinsamOO
keit zu schaffen suchen, die dich mit dem OO
geliebten Menschen, dem du in der EheOO
dich vereinen willst, hinfort nun auch OO
in allem Denken, allem Fühlen, allem OO
Handeln einen soll, dann wirst du dich OO
64 Die Ehe
vor allem selbst an straffem ZügelOO
halten müssen!
Du mußt dich selber in die „hohe Schule” OO
nehmen, damit du zu Beweglichkeit ge‐ OO
langst und dich auch anderer Gangart OO
anzupassen lernst!
Bisher warst du dir selbst das MaßOO
der Dinge!
Ob du vom Elternhause her die Art OO
des Denkens, Fühlens, und des durch OO
Beides dann bestimmten Handelns, OO
übernommen haben magst, die dir nun OO
eignet, oder ob du selbst dich SchöpferOO
der Maximen deines Lebens weißt, ‒ OO
stets bist du nur zu sehr geneigt, deinOO
eigenes Ermessen sehr zu überwerOO
ten, und alles, was dir auch entgegen‐ OO
treten mag, durch deine selbstgefärbOO
te Brille zu betrachten. ‒ ‒
65 Die Ehe
Hier aber steht, mein Freund, nunmehr OO
ein zweiter Mensch vor dir, dem es OO
kaum anders gehen mag, und der in OO
gleicher Weise alles nur durch seineOO
Brille sehen möchte!
Ihr werdet beide euch entschließen OO
müssen, eure „Brillen” abzulegen, auch OO
wenn sie euch bisher die Dinge in denOO
denkbar schönsten Farben zeigten, OO
so daß ihr jetzt kaum glauben wollt, OO
daß man sie offenen Auges auch noch OO
anders sehen könne...
Ihr werdet aber nicht erwarten dürfen, OO
daß ihr von heute auf den anderenOO
Tag euch schon verstehen lernen könn‐ OO
tet, denn: wenn ihr auch die gleichen OO
Worte braucht, so redet ihr doch stets OO
von anderen Dingen, weil jeder noch OO
66 Die Ehe
die Dinge nur nach seiner Weise sieht, OO
und nur nach seiner Weise sie bezeich‐ OO
nen kann!
Es wird euch ja noch kaum recht glaub‐ OO
haft scheinen, daß wirklich jedes Ding OO
in jedem von euch beiden anders zu OO
Bewußtsein kommt!
Noch glaubt ihr, von dem gleichen DingOO
zu reden, und redet doch von völligOO
Anderem, da jeder nur von seinemOO
Bild des Dinges redet! ‒ ‒
Hier ist Geduld vonnöten, die sich nichtOO
erschüttern läßt, wenn man sich einstens OO
in der gleichen Weise des Betrachtens OO
finden will!
Es wird hier jeder Teil erst zur ErOO
kenntnis kommen müssen, daß seineOO
Art zu sehen, ‒ mochte sie ihm auch OO
67 Die Ehe
bisher als Norm erscheinen, ‒ keinesOO
wegs die einzige, ihm mögliche Be‐ OO
trachtungsweise darstellt...
Auch wird man nicht allein die WorteOO
hören dürfen, sondern stets auch zu er‐ OO
fühlen suchen müssen, was der Andere OO
mit seinen Worten meint, und ob sich OO
dies auch ganz mit jenen Dingen decke, OO
die man selbst mit gleichen Worten OO
meinen würde. ‒
Zu oft nur hört man Menschen bitter OO
streiten, weil sie Gegensätze zu er‐ OO
kennen glauben, die als unvereinbarOO
gelten, wo nur das falsch gewählte WortOO
den Anschein schafft, als seien Gegen‐ OO
sätze aufzufinden.
Und oftmals glauben Menschen sich durch OO
eine „tiefe Kluft” getrennt, wo nur dieOO
68 Die Ehe
Nacht der Nichterkenntnis solchen OO
Trug ermöglicht, weil sie zu sehen hinOO
dert, daß die scheinbar „tiefe Kluft” nur OO
ein willkürlich, und mit sehr bezweifel‐ OO
barem Rechte, ausgehobener seichterOO
Graben ist, den man mit Leichtigkeit OO
zu überschreiten wüßte...
Mit unbeirrbarer Gelassenheit und OO
liebevollem Geltenlassen aber, wird OO
man auch dort zuletzt doch zueinOO
anderfinden, wo wirklich Gegensatz OO
besteht: wo wahrhaft eine „tiefe KluftOO
für immerdar zu trennen schien, weil OO
man erst lernen mußte, sie zu überOO
brücken. ‒ ‒ ‒
Gemeinsamkeit in allem Denken, al‐ OO
lem Fühlen, allem Handeln, schafft jeder OO
Ehe eine hohe Mauer sicherster BeOO
schützung!
69 Die Ehe
Ehe verträgt es nicht, daß sie im Außen‐ OO
leben ohne sichere Umhegung bleibe! OO
Die Lebenseinung zweier Menschen in OO
der Ehe darf niemals allen Winden, OO
jedem Wetterwüten, jeder ÜberfluOO
tung offenstehen! ‒
Wie immer auch zwei Menschen, die sich OO
in der Ehe fanden, Geselligkeit und OO
heiteren Verkehr mit anderen MenOO
schen suchen mögen, ‒ stets muß die OO
sichere Umhegung ihnen fühlbar blei‐ OO
ben, und niemals darf der heilige Be‐ OO
zirk, der ihnen nur allein gehört, vor OO
Anderen eröffnet werden! ‒ ‒ ‒
Auch hier ist, ‒ wie bei jeglichem Ver‐ OO
hältnis menschlicher Verbundenheit, ‒ OO
das Schweigenkönnen eine rechte OO
„Kunst”, die jeder zu erlernen hat, der OO
sie noch nicht beherrscht! ‒ ‒ ‒
70 Die Ehe
Was nur die Eheleute selber angeht, OO
hat niemals laut zu werden vor denOO
Ohren Anderer, und wenn die Ande‐ OO
ren auch die nächsten Freunde undOO
Verwandten, ‒ ja selbst die ElternOO
wären! ‒ ‒ ‒
Sehr zweifelswürdig bleibt die OO
Hilfe”, die man vielleicht auf solche OO
Weise finden mag, ‒ auch wenn die OO
Menschen, denen man sich so vertraut, OO
den redlichsten und reinsten WillenOO
haben, wahre Hilfe darzubieten! OO
‒ ‒
Weit öfter, als man wirklich Hilfe fin‐ OO
det, wird das Unheil, dem man wehren OO
wollte, nur genährt, so daß es erst zumOO
Wachsen und zum rechten WuchernOO
kommt, obwohl es anfangs schnell imOO
Keim erstickt gewesen wäre, hätte man OO
71 Die Ehe
sich selbst bemüht, es zu ersticken, und OO
nicht den Anderen vorgeklagt, wie OO
sehr man schon darunter leide! ‒ ‒ ‒ OO
Doch auch sein Glück soll man für sich OO
verwahren und nicht in eitler Rede zumOO
Verströmen bringen! ‒
Auch nicht in Worten soll man es mitOO
Anderen teilen wollen! ‒ ‒
Es geht nur beide Eheteile an, wenn OO
sie, als geistgeeintes Ganzes, sich ihrOO
Glück zu schaffen wußten...
Vor allem aber sei man auf der Hut, den OO
Neid zu wecken, der ‒ oft nur künstOO
lich eingeschläfert ‒ sich gar leichtOO
erwecken läßt, wenn eine redefrohe Zunge OO
allzusehr ein Eheglück lobpreist! ‒
Man schädigt sonst den Neider, wie OO
72 Die Ehe
sich selbst, da Neid stets eine KraftOO
zur Wirkung bringt, die das verneint, OO
was Neid erregte, und die sich gegenOO
Neider und Beneideten in gleicherOO
Weise richtet, da sie den Wert verOO
nichtet sehen will, den der Beneidete OO
besitzt, der Neider aber nur zu gernOO
besitzen möchte...
Ist aber schon bei Glück wie Unheil‐ OO
drohung: Schweigen angezeigt, so OO
schweige man erst recht, wo platte, OO
widerliche Witzelei und ein im „Hän‐ OO
seln” Anderer sich sielendes Behagen, OO
die Ehe in den seichten, trüben Tüm‐ OO
pel kläglich-armer Geistverlassenheit OO
herabzuziehen suchen, um meckernd OO
ihre Hintertreppenweisheit anzubringen OO
und in Bierbankblödigkeiten sich genug‐ OO
zutun!
73 Die Ehe
Jeder der dies liest, wird unschwer wis‐ OO
sen, was ich meine...
Nur glaube man nicht, daß solche ödeOO
Witzelei doch wohl zu dulden wäre, OO
wenn sie Menschen üben, die sichOO
gewiß nicht vorzuwerfen haben, OO
daß sie je im Ernst die HeiligkeitOO
der Ehe angetastet hätten!
Das Heilige darf nie zum Stoff des OO
schalen Witzes werden, wenn es der OO
Meltau der Zersetzung nicht berühren OO
soll, und selbst der gütigste HumorOO
wird sich hier Zügelung gefallen lassen OO
müssen, auf daß er nicht zerstöre, was OO
er nicht zerstören will! ‒ ‒
Heilig bleibt dem Menschen nur, was OO
er als „heilig” noch empfinden kann: OO
‒ was stets bewahrt bleibt vor erOO
niedrigenden Worten, und unanOO
74 Die Ehe
tastbar aller Lebensäußerung entOO
rückt, die nicht mit Ehrfurcht ihm zu OO
nahen weiß...
Der heilige Bezirk, den nie ein andeOO
rer Mensch betreten darf, als nurOO
die beiden Ehegatten, ist aber wahr‐ OO
lich weiter ausgesteckt als ihres SchlafOO
gemaches Wände!
Es wird von ihm so manches noch um‐ OO
schlossen, was durchaus nicht an undOO
für sich schon Verborgenheit erforOO
dern würde...
Gemeinsamkeit will manches vor der OO
Außenwelt verborgen wissen, auchOO
wenn es nicht die Ehe selbst beOO
trifft. ‒
Gemeinsamkeit braucht unverbrüchOO
liches Vertrauen, und fordert, daß man OO
75 Die Ehe
jederzeit vor dem vereinten MenOO
schen stehen könne, wie vor sichOO
selbst! ‒ ‒ ‒
Gemeinsamkeit kennt keinen SpottOO
und kein Verhöhnen!
Gemeinsamkeit weiß nichts von liebe‐ OO
leerem, überheblichen Verlachen!
Gemeinsamkeit ist stets darauf be‐ OO
dacht, daß man sich gegenseitig schone: OO
‒ seine Schwächen zu bedecken suche, OO
und sich Hilfe biete!
Ein Leben in Gemeinsamkeit ist nur OO
zu führen, wenn beide Ehegatten wisOO
sen, daß keiner etwas, das er vor sichOO
selbst gesteht, dem anderen verberOO
gen muß. ‒ ‒ ‒
Nur so kann die Gemeinsamkeit zu OO
einer äußeren Schule innerer VollOO
endung werden!
76 Die Ehe
Liebe und Nachsicht werden aber weOO
nig nur vermögen, solange nicht dieOO
absolute Sicherheit besteht, daß dieser OO
Schule Pforte stetig fest verschlossenOO
bleibt, und sich nur beiden MenschenOO
öffnet, die in ihr sich gegenseitigOO
durch ihr Leben zu belehren suchen! OO
Es muß erst völlig alle Furcht verschwin‐ OO
den, daß eines Tages unbehütet leichte OO
Rede Andere von Dingen hören lassen OO
könne, die man in Gemeinsamkeit beOO
schlossen glaubte!
Niemals darf die Gefahr bestehen, daß OO
Anderen zu Ohren kommen kann, wasOO
Ehegatten gegenseitig sich verOO
trauten!
So manche werdende GemeinsamOO
keit ist schon durch unbedachte RedeOO
früh vernichtet worden! ‒ ‒ ‒
77 Die Ehe
Gemeinsamkeit erstreckt sich aber end‐ OO
lich auch auf alles Ungemach und Leid, OO
von dem man seinen anderen Eheteil be‐ OO
troffen findet, auch wenn man selbst nichtOO
mitbetroffen ist und auch den AnlaßOO
der Bedrückung nicht in gleicher WeiseOO
wertet, ‒ sei es, daß man den UmOO
fang seiner Auswirkung nicht kenne, OO
sei es, daß man anders ihn empfinOO
den möge.
Hier ist das Tragenhelfen oftmals garOO
nicht möglich, aber immer wird das OO
Tragenhelfen-Wollen möglich sein und OO
dem von Leid Betroffenen ErleichteOO
rung gewähren. ‒ ‒ ‒
Man sage sich nicht los von solcherOO
willigen Bereitschaft, auch wenn man OO
sicher weiß, daß man nicht helfen kann, OO
denn schon der Wille, Hilfe darzuOO
78 Die Ehe
bieten, wird dem Anderen Hilfe bringenOO
helfen! ‒ ‒ ‒
Auch läßt sich nicht Gemeinsamkeit er‐ OO
halten, solange einer beider Eheteile OO
bitterlich empfindet, wie er mit seiner OO
Last, ‒ sei sie nun wirklich, oder nur OO
in seiner Vorstellung so drückend OO
schwer ‒ allein zu Berge gehen muß, OO
und daß der andere Eheteil an solcher OO
Not kaum Anteil nimmt. ‒
Es ist gewiß nicht mehr als selbstverOO
ständlich, daß man des Leides Last geOO
meinsam trägt, dort, wo das Schicksal OO
sie auf beider Ehegatten Schultern bür‐ OO
det, allein, sehr oft verkennt auchOO
tiefste Liebe ihre Pflicht zur AnteilOO
nahme, wenn sie sich außerstandeOO
sieht, das Leid, dem nur der AndereOO
verhaftet ist, in gleicher Weise mitzuOO
tragen oder auch nur zu verstehen.. OO
79 Die Ehe
Suchst du das Glück der Ehe, dann OO
strebe nach Gemeinsamkeit in allen Din‐ OO
gen dieses Erdenlebens, die gemeinOO
sam sich erleben lassen, und ziehe OO
diese Grenze weiter, als der ersteOO
Anschein dich bestimmen könnte, sie OO
zu ziehen! ‒
Es ist für jeden Teil der Ehe ratsam, OO
daß er auch dort wo ihn des anderenOO
Eheteiles Angelegenheiten nicht von OO
allem Anbeginn her interessieren, in sichOO
Interesse dafür wecke...
Es ist jedoch nicht minder nötig, daß OO
man den anderen Eheteil für die ihm OO
fremden Angelegenheiten einzunehOO
men suche und ihm den Zugang öffne, OO
so daß er sie verstehen lerne...
Doch wisse auch, daß jede Seele ihre OO
eigenen Bereiche hat, die auch der allerOO
80 Die Ehe
nächsten anderen Seele sich nicht öffnen OO
können!
Wisse auch, daß oftmals Pflicht gebietet, OO
gewisse Dinge in Verborgenheit zu hal‐ OO
ten, und ehre dann, vertrauend, was OO
deinem Miterleben sich entziehen muß! ‒ OO
Du wirst vertrauen können, wenn inOO
allem, was Gemeinsamkeit verträgt, OO
das lauterste Vertrauen zwischenOO
dir und deinem, in der Ehe dir geOO
einten Gegenpole herrscht! ‒ ‒ OO
Hüte dich vor der Neugier, die so gerne OO
dich verleiten möchte, dich in BereicheOO
des Erlebens einzudrängen, zu deren OO
Pforte man den Schlüssel nicht beOO
sitzt, oder durch Pflicht gehalten ist, OO
ihn dir nicht darzureichen! ‒
In einer wahren Ehe wird auch dort, wo OO
sich das eigene, gesonderte ErlebenOO
81 Die Ehe
der Gemeinsamkeit nicht öffnen läßt, OO
der so Erlebende gewiß den anderen OO
Teil hinlänglich noch zu unterrichtenOO
wissen, von welcher Art das jederOO
Mitteilung Entrückte ist, so daß auch OO
hier kein Riß durch innigstes Gemein‐ OO
samkeits-Erleben geht...
Wo gegenseitiges Vertrauen herrscht, OO
dort wird sich niemals Argwohn zu er‐ OO
heben suchen, auch wenn nur ganz im OO
Allgemeinen angedeutet wird, um was OO
es sich bei jenen Dingen handelt, die OO
nicht ausgesprochen werden können, OO
oder die durch Schweigepflicht der OO
Mitteilung entzogen bleiben müssen, ‒ OO
und wahre Liebe wird gewiß nicht weiOO
terforschen wollen, wo sie erfühlt, daßOO
ernste Gründe die Verhüllung forOO
dern...
Doch treibe man auch nicht mit Dingen, OO
82 Die Ehe
die sich nicht in Worte fassen lassen, OO
oder die Verpflichtung ein für allemal OO
dem Wort verwehrt, unnötige und OO
künstliche Geheimniskrämerei, um so OO
die Neugier stetig wach zu halten, oder OO
gar sich selbst mit einem Nimbus des Ge‐ OO
heimnisvollen zu umgeben!
So handelt ärgste Torheit nur, und sol‐ OO
ches Handeln straft sich selbst durch OO
Folgen, die gewiß sehr weit von seiner OO
eitlen Absicht liegen...
Wenn wirkliche Gemeinsamkeit be‐ OO
stehen und erhalten werden soll, dann OO
muß man ehren, und zuweilen auch verOO
ehren können, was der Andere ‒ auch OO
wenn er gerne davon reden würde, so OO
er könnte ‒ verborgen halten muß! OO
‒ ‒ ‒
Dann aber läßt man sich an dem geOO
83 Die Ehe
nügen, was man sich gegenseitig offen‐ OO
baren kann, und wahrlich: es wird mehrOO
sein als genug um einer Ehe auch im OO
innersten Erleben beider Teile die GeOO
meinsamkeit zu sichern, die sie braucht, OO
da ohnehin noch keine Seele hier auf OO
Erden restlos alles auszusprechenOO
wußte, was in ihr Erlebnis war! ‒ ‒ ‒ OO
*          *
*
84 Die Ehe
VIERTES KAPITEL
VON LEID UND FREUDE
ES gab noch niemals eine Ehe, die – OO
allzeit jedem Leid entrücktOO
nur Freuden kannte.
Leid und Freude mischen dieses Er‐ OO
denlebens ‒ nicht jedem bekömmlichen OO
‒ Trank, und doch ist es an uns: die OO
Art der Mischung zu bestimmen, auch OO
wenn wir leider nicht verhindern können, OO
daß sich nun einmal Leid mit Freuden OO
mischen muß!
Besonders aber in der Ehe wird es tiefOO
bedeutsam sein, wie weit sich unsereOO
Kraft bewährt, das Leid zu mindernOO
und die Freude zu vermehren...
Gewiß bleibt Leid stets Leid, auch wenn OO
so manches Wort uns trösten möchte, OO
als könne Leid sich selbst in FreudeOO
wandeln.
Hier weiß das Wort der Rede nur von OO
87 Die Ehe
Aufeinanderfolge: ‒ von Leid-VerOO
drängung durch der Freude WiederOO
kehr!
Allein, wir haben Macht, der Freude OO
Wiederkehr zu fördern, ‒ wir haben OO
Macht, der Erde Freuden zu vermehOO
ren!
Es ist gewiß nicht nötig, daß man einen OO
Menschen etwa lehre, Leid zu schaffen, OO
‒ und auch wenn nie ein Mensch dem OO
anderen Leid bereitet hätte, wäre OO
wahrlich Leid genug auf Erden anzu‐ OO
treffen, denn alles, was in dieser AußenOO
Welt: Erscheinung bildet, hat Da-SeinOO
nur durch Leid: ‒ vermag sich nur im OO
Da-Sein zu erhalten, indem es seinet‐ OO
wegen Anderes leiden läßt...
Nur dort, wo Güte: ‒ träumendesOO
88 Die Ehe
Verlangen, Mitleid: ‒ WahnwitzOO
zeugte, kann sich des Erdenmenschen OO
Denken so ver-messen, daß es die OO
Weise findbar glaubt, das Leid aus OO
dieser Außen-Welt, ‒ in der es Folge OO
ihrer Raum verdrängenden und Eigen‐ OO
Raum verschließenden Struktur ist, ‒ OO
zu verbannen. ‒ ‒
Wo immer Außen-Welt den an sichOO
homogenen Raum zerstückelt, dort OO
ist Leid, ‒ und Menschenmacht ver‐ OO
möchte dann nur dieses Leid zu tilgen, OO
wenn sie imstande wäre, alle „Außen”‐ OO
Welt für immer zu vernichten, womit OO
jedoch zugleich auch alle „Innen”‐ OO
Welt Vernichtung fände...
Ist aber diese äußerste der „Außen”‐ OO
Welten, die wir, in tierverhafteter Ge‐ OO
staltung, durch den Tier-Sinn wahrzu‐ OO
89 Die Ehe
nehmen uns gezwungen fühlen, auch OO
erfüllt von Leid, und sind auch weite OO
unsichtbare Reiche dieser „Außen”‐ OO
Welt noch ganz in gleicher Weise ‒ OO
manche sogar mehr ‒ dem Leide aus‐ OO
geliefert, da auch dort noch alles DaOO
Sein nur besteht in Raum-VerdränOO
gung und in Eigen-Raum-VerschlieOO
ßung, so stehen doch dem gegenüber OO
unzählbare „Innen”-Welten, in denen OO
alles Sein, ‒ dem homogenen Raume OO
keineswegs etwa entrückt, ‒ sich OO
gegenseitig öffnet und durchdringt, OO
so daß hier jede Möglichkeit des Lei‐ OO
den-Könnens völlig fehlt. ‒ ‒ ‒
Nie aber läßt sich eine Welt vom Leid OO
befreien, die nur bestehen kann durch OO
Leid, ‒ und alles Mühen Einzelner, OO
durch Da-Seins-Unterdrückung und OO
Verzichtleistung auf Da-Sein, dieser OO
90 Die Ehe
Erde Leid zu mindern, bleibt ergebOO
nislos: ist nur des Mit-Leids tröstende OO
Betäubung...
In diesem Erdenleben ist des Menschen OO
ganze Macht darauf allein beschränkt, OO
daß er zwar dieser Erde Leid ins UnOO
gemessene und niemals Nötige zu OO
steigern fähig ist, ‒ doch ebenso verOO
mag, das Leid zurückzudrängen in die OO
urgegebenen Bereiche, aus denen es nicht OO
lösbar werden kann, wenn diese „AuOO
ßen”-Welt ‒ und mit ihr jede „Innen”‐ OO
Welt ‒ bestehen bleiben soll, und wahr‐ OO
lich „sollen” sie bestehen! ‒ ‒ ‒
Es kann sich jeder Mensch von vielem OO
Leid befreien, das er in törichter Ver‐ OO
blendung selbst sich schuf, ‒ und OO
vieles Leid kann er vermeiden, macht OO
er nur Gebrauch von seiner Kraft!
91 Die Ehe
In gleicher Weise aber hat er Macht, OO
gar manches Leid von seinen NebenOO
menschen abzuwenden!
Wo immer Menschen sich begegnen OO
mögen, dort wird es ihnen Pflicht, ihr OO
eigenes wie des NebenmenschenOO
Leid zu mindern! ‒ ‒
Wenn aber Menschen, die sich nie im OO
Leben sahen, niemals wiedersehen wer‐ OO
den, hier ein Pflichtgebot erkennen OO
müssen, so gilt es heiliger und binOO
dender fürwahr noch für die innigsteOO
Vereinung zweier Menschen, die in der OO
Ehe eine neue Lebenseinheit bilden, OO
um sich gegenseitig durch Er-gänzungOO
zu vollenden! ‒ ‒ ‒
Und wo ist leichter Leid von seinem OO
Nebenmenschen abzuwenden, als hier, OO
wo Weib und Mann in einem Leben der OO
92 Die Ehe
Gemeinsamkeit von allen Leidgefahren OO
wissen, die ihnen gegenseitig und geOO
meinsam drohen können!? ‒ ‒
Die Ehe kann ein Born der FreudeOO
sein, ‒ man kann sie aber auch zuOO
einem Pfuhl des Leides wandeln!
Wer nicht des anderen Eheteiles GlückOO
in seiner Ehe als sein höchstes Ziel er‐ OO
strebt, der wird gar leicht sich um sein OO
eigenes Glück betrügen, ohne es zu OO
ahnen! ‒ ‒
Wer aber wirklich in der Liebe ist, der OO
wird weit eher selber leiden wollen, OO
als daß er je den anderen Eheteil im OO
Leide sehen könnte. ‒ ‒ ‒
Es wird ihm nichts beschwerlich fallen, OO
wenn er weiß, daß er des anderen Tei‐ OO
les Leid dadurch vermindern kann... OO
93 Die Ehe
Nun aber ist es keineswegs damitOO
getan, daß man sich nur darauf be‐ OO
schränke, allem Leid zu wehren, dem OO
man wehren kann! ‒
Erst dort ist höchste, schönste Menschen‐ OO
pflicht erfüllt, wo man das Leid des OO
Anderen durch Freude, die man in sein OO
Leben bringt, verdrängt!
Wo aber läßt sich schöner noch, als in OO
der Ehe, solche Liebespflicht erfüllen?! ‒ OO
Es sind im Leben einer Ehe viele Dinge OO
aufzufinden, die der Freude Anlaß wer‐ OO
den können, sich zu äußern und ein OO
großes Leid im Keime zu ersticken... OO
Doch ist es hier vonnöten, daß man zu OO
erfühlen suche, was der Andere erOO
sehnt: was er als Freude zu empfinOO
94 Die Ehe
den weiß, denn allzuleicht kann hier OO
auch bester Wille irren, wenn er dazu OO
verleitet, nur das eigene Empfinden und OO
Ersehnen als das allgerechte Maß der OO
Dinge anzusehen. ‒ ‒
Was dir gewißlich höchste FreudeOO
wäre, kann deinem Gegenpole kaumOO
beachtsam scheinen, und seine Freude OO
mag vielleicht nur dort erstehen, wo OO
dein Empfinden völlig unberührt ge‐ OO
blieben wäre...
Wie aber dem auch sei, und wie gar sehr OO
du auch „daneben greifen” magst, so OO
darfst du doch in keinem Falle eine OO
Kränkung” darin sehen, daß dein Be‐ OO
streben nicht zum Ziele führte, weil deine OO
liebevoll erdachte Freude für den An‐ OO
deren nicht als solche aufgenommenOO
wurde! ‒ ‒
95 Die Ehe
Soll dir Erfahrung wirklich NutzenOO
bringen, dann wirst du mit dir selbst zu OO
Rate gehen müssen, um am Ende zu er‐ OO
kennen, daß du verabsäumt hattest, dich OO
in anderes Empfinden einzufühlen, OO
denn wenn auch innigste GemeinOO
samkeit euch beide eint, so bleibt doch OO
jeder von euch beiden noch in seinem, OO
ihm nur eigenen Empfindungs-Leben, OO
und dessen Ablaufsrhythmus wird be‐ OO
stimmen, was er, im jeweils sich erge‐ OO
benden Moment, als Freude wertenOO
kann...
Suche also nicht dich selbst, in deinem OO
Willen, Freude für den Anderen zu OO
bereiten! ‒
Wer sich stets Freude schaffen will, der OO
suche stetig seine Freude darin: Ande‐ OO
ren auf ihre Weise Freude zu bereiten! OO
‒ ‒ ‒
96 Die Ehe
Vergeblich aber wirst du FreudeOO
spenden wollen, solange du noch OO
Zweifel hegst an deiner Kraft, die OO
Freude zu erzeugen! ‒
Nie darfst du etwa glauben, daß dir OO
nicht gelingen könne, was dir, aus OO
irgend einem Grunde, leider oftmalsOO
nicht gelang!
Du mußt dich selber aber erst zur Freude OO
stimmen”, bevor du dem mit dir ver‐ OO
einten Menschen Freude bringen willst! OO
‒ ‒
Nur, wer im Überflusse „hat”, kann OO
Freude überfließen lassen in den AnOO
deren! ‒
So suche denn vor allem eine Quelle OO
steter Freude in dir selber zu erschür‐ OO
fen, so daß du unabhängig wirst von OO
97 Die Ehe
allem äußeren Geschehen, und nicht der OO
Freude Anlaß erst von außenher erOO
warten mußt, auch wenn du solchen OO
Anlaß, wo er sich auch immer bietenOO
mag, stets nützen sollst! ‒
Du wirst jedoch am besten jene Freude OO
übertragen können, für die du keinenOO
Grund im Außenleben anzugeben weißt! OO
Durch solche Freude wirst du mehr be‐ OO
glücken können als durch jede andereOO
Art der Freude, die von außenher ver‐ OO
anlaßt wird! ‒ ‒ ‒
Vergesse aber trotzdem auch die kleiOO
nen Freuden nicht, zu denen jeder TagOO
dir ja so manchen Wink und HinweisOO
bringt!
Achte nichts als zu gering, wenn es dir OO
98 Die Ehe
dazu dienen kann, auch nur die allerOO
kleinste Freude zu bereiten! ‒ ‒
Oftmals gebar die kleinste FreudeOO
schon ein großes, lang ersehntesOO
Glück! ‒ ‒ ‒
Im Leben einer Ehe gibt es täglich „tau‐ OO
send” Möglichkeiten, kleine FreudenOO
zu er-finden, die gegenseitige BeOO
glückung bringen, und sei es auch für OO
kurze Augenblicke nur...
An keiner solchen Möglichkeit darf man OO
vorübergehen, ohne sie zu nützen! ‒ ‒
Wo immer du das Glück in einer Ehe OO
dauernd heimisch weißt, dort wirst du OO
auch bemerken, daß man sehr erfinde‐ OO
risch die kleinen Freuden zu gestalten OO
sucht, zu denen jede Stunde neuen An‐ OO
laß bringt...
99 Die Ehe
Der gute Gärtner wird in seinem Blüten‐ OO
garten auch die allerkleinsten Blüm‐ OO
lein niemals übersehen, mögen sie auch OO
recht bescheiden scheinen, neben jenen OO
hochgestielten Farbenwundern, deren OO
Beet sie rings umfassen.
So aber ist auch in der Ehe: selbst der OO
kleinste Freuden-Anlaß nicht bedeuOO
tungslos, und darf nicht übersehenOO
werden, will man des ehelichen Blüten‐ OO
gartens schönste Harmonie gestalten! OO
‒ ‒ ‒
Ist aber Ehe einer Zweiheit wahre EiOO
nung, und muß Leid ertragen werden OO
im Verlauf des Lebens, das oft nur in OO
Vereinung zweier Willen noch ertrag‐ OO
bar ist, ‒ so bleibt auch Freude zu er‐ OO
streben, wie sie die Zweiheit dann nur OO
100 Die Ehe
schaffen kann, wenn sie VerschmelzungOO
fand in neuer Lebenseinheit. ‒ ‒
Hier ist dann jeder Teil der SchenOO
kende und der Beschenkte, und beide OO
nur gemeinsam sind imstande, dieseOO
Freude, die der Einheit Farbe trägt, zu OO
mehren!...
Nur wo der Wille beider Teile völlig OO
sich geeinigt findet, ist solcherart dem OO
Leide zu begegnen, und kann in gleicher OO
Weise höchste Freude aus der Einung OO
sprießen! ‒
Die Ehe, die hier weiß um ihre Macht, OO
und sie gebraucht, wird nie im LeideOO
Schaden nehmen können, und nie anOO
Freude Mangel leiden! ‒ ‒ ‒
Sie kennt die Kunst, das Leid in seine OO
engste Grenze einzubannen!
101 Die Ehe
Sie weiß von einer Freude, die auch OO
alles Leid nicht mehr verdunkeln kann! OO
Und solche Freude, solche Kraft derOO
Leidverdrängung wird aus dieser EheOO
auch auf alle anderen Menschen über‐ OO
strahlen, die mit den Ehegatten in Be‐ OO
rührung kommen...
So wird dann diese Ehe segensreicheOO
Wirkung schaffen, weit über ihrenOO
eigenen Bereich hinaus, und wahrlich OO
unvergleichlich mehr an Gutem förOO
dern als so mancher andere Ehebund, OO
in dem die beiden Ehegatten längst verOO
lernten, sich noch gegenseitig Freude OO
zu bereiten, und von der Freude, die ausOO
ihrer Einung kommen könnte, keineOO
Ahnung haben, ‒ weil sie vor lauter OO
Sorge, anderen Menschen in geschäfOO
tiger Betätigung zu helfen, nicht mehr OO
die erste Pflicht erkennen, ihre eigeneOO
102 Die Ehe
Ehe erst harmonisch zu gestalten. OO
‒ ‒ ‒
Im stärksten Gegensatz zu einer sol‐ OO
chen irrig überwerteten GeschäftigOO
keit, die ihre Pflicht zur „NächstenOO
liebe” bei den Allerfernsten erst be‐ OO
ginnen fühlt, und Andere beglückenOO
will, derweil sie alles Glück aus ihremOO
eigenen Hause scheucht, ‒ wird eine OO
Ehe, die das Glück der Einheit in derOO
Freude aus der Einung kennt, kaum OO
wissen, daß sie Anderen hilft, indem OO
sie, nur in ihrem eigenen Bereich, dasOO
Leid der Erde mindert, und das den‐ OO
noch unvermeidbar bleibende durchOO
Freude zu verdrängen sucht. ‒ ‒ ‒ OO
Solche Ehe aber ist ein wahres HeiligOO
tum der Freude, aus dem noch fernsten, OO
103 Die Ehe
kommenden Geschlechtern Segen strö‐ OO
men wird! ‒ ‒ ‒
Ein Heiligtum der Freude in der Welt OO
des Leides aber sollte jede Ehe hier OO
auf Erden sein, und eine jede Ehe kannOO
zu solcher Höhe sich erheben, so es nur OO
nicht am Willen beider Eheteile fehlt, OO
die reine, hehre Freude zu gestalten, die OO
nur in der geeinten Zweisamkeit derOO
Ehe sich gestalten läßt! ‒ ‒
Soll diese Erdenmenschheit einst zu der OO
Vollendung kommen, die ihr auch hier: OO
in dieser „Außen”-Welt schon werden OO
kann, ‒ dann wird allein die wahre EheOO
dieses Wunder wirken müssen: ‒ dieOO
Ehe, die sich selbst in Freude zuOO
vollenden weiß! ‒ ‒ ‒
Damit sie es auch wirken könne, muß OO
104 Die Ehe
sie vertausendfacht erstehen, wisOO
send um die hohe Macht, der Erde LeidOO
zu bannen und der Erde reinste FreuOO
den zu vermehren! ‒ ‒ ‒
*          *
*
105 Die Ehe
FÜNFTES KAPITEL
VON
VERSUCHUNG UND GEFAHR
WO Liebe eine Ehe schuf, dort ist OO
die Einheit beider Eheteile so OO
gegründet und umhegt, daß seltenOO
nur von außenher noch Störung gegen‐ OO
seitigen Empfindens kommen kann...
Und doch bleibt keine Ehe so geschützt, OO
daß ihr Versuchung nicht zu nahen OO
wüßte!
Stets aber wird es sich beim Nahen der OO
Versuchung zeigen, ob eine Ehe wirkOO
lich in der echten Liebe wurzelt, oder OO
ob nur Neigung Mann und Weib zu‐ OO
sammenführte, ‒ Neigung, die auf bei‐ OO
den Seiten auch sehr leicht durch andereOO
Neigung wieder zu verdrängen ist...
Wo eine Ehe wurzelfest in echter LiebeOO
gründet, dort wird auch heftigste Ver‐ OO
suchung ihr nicht Schaden bringen OO
können!
109 Die Ehe
Selbst wenn Versuchung nur durch OO
schweren Kampf sich noch besiegen OO
läßt, wird doch zuletzt die Liebe Sieg OO
erringen, denn alle Kräfte der Versu‐ OO
chung sind nicht fähig, weiter WiderOO
stand zu leisten, sobald sich echte LiebeOO
ihrer Kraft bewußt wird, und aus dieser OO
Kraft heraus bekämpft, was sie be‐ OO
drohen will! ‒ ‒
Trotz allem aber sollst du wachsamOO
sein, und nicht erst warten, bis Versu‐ OO
chung so erstarkt, daß sie nur nochOO
durch schweren Kampf besiegbar ist! OO
Du kannst dich selbst zu solcher Wach‐ OO
samkeit erziehen, so wie du dich auch OO
leichten Sinnes der Versuchung überOO
lassen kannst, bis sie dich hart beOO
drängt und starke Gegenwehr er‐ OO
fordert. ‒ ‒
110 Die Ehe
Versuchung kann dir allerorten nahen, OO
auch wenn du sie gewiß nicht suchst, OO
ja dann auch, wenn du sorglichst deine OO
Wege wählst, um ihr nur ja nicht zu be‐ OO
gegnen, da sie deine Furcht erregt. ‒ OO
Versuchung aber ist noch keine OO
Schuld”!
Erst, wenn du anfängst, ihr Gehör zuOO
schenken, ‒ sie dir zu nahe kommenOO
läßt, ‒ sie hegst und mit ihr spielst, OO
‒ wirst du dich wahrlich nicht mehr OO
schuldfrei wähnen dürfen! ‒ ‒
Auch wenn du noch zu gutem Ende OO
Sieger bleibst, hast du dich doch mit OO
schwerer Schuld beladen, und wirst OO
nunmehr nicht ruhen dürfen, bis alle OO
Folge dieser Schuld aus deinem Leben OO
schwindet! ‒ ‒ ‒
111 Die Ehe
Vielleicht wirst du dir selbst gestehen OO
müssen, daß du gar oft nicht wachsam OO
warst, wo Wachsamkeit von dir geOO
fordert werden konnte? ‒
Vergeblich wäre es, wenn du dich nun OO
in Selbstqual winden wolltest!
Du wirst nun jetzt mit allen SelbstvorOO
würfen nichts mehr ungeschehen ma‐ OO
chen können, und deines Fehlers SpuOO
ren kannst du nur aus deinem Leben OO
tilgen, wenn du dafür sorgst, daß alles OO
Übel, das aus ihm entstand und noch OO
entstehen könnte, an seiner AuswirOO
kung verhindert wird. ‒ ‒
Aus jeglicher Erfahrung sollst du LehreOO
ziehen, und so wird dich dein StrauOO
cheln lehren können, wie du durch OO
Wachsamkeit dich künftig frei vonOO
Schuld erhalten kannst, auch wenn du OO
112 Die Ehe
nicht imstande sein wirst, der VersuOO
chung immer auszuweichen...
Die leiseste Empfindung mußt du OO
kontrollieren lernen, mußt sie wägen, OO
und im selben Augenblicke von dir OO
weisen, in dem du fühlst, daß sich in OO
ihr bereits Versuchung zu verbergen OO
trachtet!
Erkennst du so das Feindliche soOO
gleich, wenn es sich naht, dann wird OO
es immer leicht sein, es zu überwinOO
den, und niemals wirst du wirklich ‒ OO
in des Wortes letztlicher Bedeutung ‒ OO
„in Versuchung fallen”! ‒ ‒ ‒
Nur, wenn du Wohlgefallen an der OO
ersten Regung der Versuchung findest, OO
wird Versuchung dir zur Schuld!
Es kann dir großer Kraftzuwachs aus OO
113 Die Ehe
der Versuchung kommen, wenn du stets OO
wachsam bleibst und sie in jeglicher OO
Verkleidung zu erkennen suchst, um ihr OO
den Zugang in dein Inneres zu wehren. OO
‒ Ein jeder Mensch hat irgendeine OO
schwache Seite”, und stets wird die OO
Versuchung seine Schwäche auszuOO
spüren wissen. ‒
Begegnest du jedoch dem ersten NaOO
hen schon mit Abwehr, und mit einem OO
Nein”, das kein Paktieren kennt, dann OO
wirst du immer mehr, ‒ gerade dort, wo OO
Stärkung dir vonnöten ist, ‒ erstarOO
ken! ‒ ‒
Du wirst durch deine Wachsamkeit dich OO
gänzlich wandeln, so daß dir jegliche OO
Versuchung ungefährlich wird, weil OO
Abwehr dir Gewohnheit wurde, und OO
die Versuchung dann vergeblich eine OO
114 Die Ehe
unbewachte Pforte sucht, durch die sie OO
Einlaß zu dir finden könnte!...
Dann aber erst bist du geborgen, und OO
dann erst darf man dir VertrauenOO
schenken!
Dann erst wird deine Ehe so behütetOO
sein, daß sie dir alles geben kann, was OO
sie, in unerschöpflich reicher Fülle, OO
Mann und Weib, die wert sind, ihr My‐ OO
sterium zu erleben, stetig neu zu geben OO
hat! ‒ ‒ ‒
Du trägst nicht nur für dich allein die OO
heiligste Verantwortung, sobald du OO
dich dem Anderen verpflichtet hast, mit OO
ihm die Geisteseinheit einer Ehe aufzu‐ OO
richten!
Die Ehe ist auch nicht nur: ‒ „menschOO
licher Vertrag”, obwohl der andereOO
115 Die Ehe
Eheteil ein un-bedingtes Recht an dich OO
erlangte, und du ihm dann selbst nochOO
die „Treue” schuldest, wenn er beOO
trügerisch sie bricht. ‒ ‒ ‒
Ein jegliches Gelöbnis zwischen Mann OO
und Weib, in dem sich beide Teile eheOO
liche Einung dargeloben, stellt vielmehr OO
ein kosmisches Geschehen dar, und OO
bindet nicht nur beide Ehegatten, ‒ OO
bindet nicht nur aller Menschheit geOO
genüber, sondern reicht mit seinem OO
Jawort” auch hinein in höchste GeiOO
steswelt! ‒ ‒ ‒
Es wird nur lösbar, wenn der „TodOO
die beiden Eheteile scheidet, oder, wenn OO
durch triftigste und schwersteOO
Gründe ‒ beide Teile sich gezwungen OO
sehen, sich gegenseitig voneinander zu OO
befreien, indem sie, ‒ ebenso gemeinOO
sam, wie es einst geschlossen wurOO
116 Die Ehe
de, ‒ ihr Gelöbnis vor einander, OO
vor aller Menschheit, wie auch vorOO
dem wesenhaften Geiste widerOO
rufen, ‒ es sei denn, daß der eine Teil, OO
auch ohne solchen Widerruf, den anOO
deren verlasse, oder sonstwie ihm OO
unmöglich mache, das Gelöbnis aufOO
rechtzuerhalten...
Solange also dein Gelöbnis noch zuOO
Recht besteht, bist du in dreifacherOO
Verpflichtung, aus der keinGottOO
dich zu befreien wüßte! ‒ ‒
Es wird Verantwortung von dir ge‐ OO
fordert werden, auch wenn du während OO
dieser kurzen Spanne Zeit, ‒ die auch OO
das längste Erdenleben darstellt vor OO
der Ewigkeit, ‒ dich jeglicher Verant‐ OO
wortung entzogen wähnst! ‒ ‒ ‒
Daß Andere Versuchung suchen und OO
117 Die Ehe
ihr keinen Widerstand entgegensetzen, OO
kann niemals dich von deiner Schuld OO
entlasten!
In deiner Ehe bleibst du für dich selbstOO
verantwortlich, und Niemand kann dir OO
helfen die Verantwortung zu tragen, OO
Niemand kann sie von dir nehOO
men, ‒ wenn man dich hier auf Erden OO
auch entschuldbar finden mag!
Auch vor dem Angesicht der EwigOO
keit magst du vielleicht „entschuldOO
bar” sein, und doch bleibst du verhaftet OO
der Verantwortung, so daß du alleOO
Folge deiner selbstgeschaffenen ImOO
pulse tragen mußt, bis auch der letzte OO
seine Auswirkung erreichte in der OO
Kette des Geschehens! ‒ ‒ ‒
Einst lehrte Einer, der dies wahrlich OO
118 Die Ehe
aus dem Geiste lehren durfte, daß da OO
ein Jeglicher schon Ehebruch begehe, OO
der durch den Anblick eines Weibes sich OO
verführen lasse, es auch leiblich zu beOO
gehren.
Man hat an diesem Wort vielfach sehr OO
wenig Wohlgefallen, und suchte es zu OO
drehen und zu deuteln, da es so manchen OO
nicht behagen will. ‒
Ich aber muß dir sagen, daß auch schon OO
jedes Hegen und geflissentlicheOO
Steigern der naturbedingtenOO
Schwingung der Erotik zwischenOO
Mann und Weib, ‒ sobald es einem OO
anderen Menschen, als dem eigenenOO
Ehegatten gilt, ‒ die Ehe schändet, OO
auch wenn sich solche Steigerung noch OO
keineswegs dem leiblichen BegehrenOO
nähert, und somit noch nicht zum EheOO
bruch im Unsichtbaren führt! ‒ ‒ ‒ OO
119 Die Ehe
Selbst wenn du durch ein Abbild dich OO
verleiten läßt, geschlechtsbewußteOO
Regung zu empfinden und dich ihrOO
zu überlassen, ‒ schändest du die OO
Ehe! ‒ ‒ ‒
Du mußt dich selbst dazu erziehen, OO
Schönheit auch am anderen GeOO
schlecht bewundernd zu betrachten, OO
ohne auch die leiseste Erregung derOO
Erotik ins Bewußtsein einzulassen! OO
Jeder wahre Künstler, dem die mensch‐ OO
liche Gestalt zum Vorbild seiner Schöp‐ OO
fung wird, muß solcherart sein VorOO
bild sehen lernen und kann dir sagen, OO
daß in seinem, von Erotik völlig losOO
gelösten Schauen, wundersame seeOO
lische Beglückung möglich ist, die OO
jedem sich versagt, der hier geOO
120 Die Ehe
schlechtsbewußte Regung hegt, undOO
niemals dem Begehrenden erreichOO
bar wird...
Daß du auch Künstler finden kannst, die OO
selbst ihr Können noch zum MaklerOO
der Begehrlichkeit erniedrigen, kann OO
dir nur zeigen, daß auch KünstlertumOO
nicht schützt vor niedriger VersklaOO
vung an die Tiernatur, wenn sich der OO
Mensch nicht selbst aus solcher Skla‐ OO
verei befreien will. ‒ ‒ ‒ ‒
Du kannst nicht streng genug dich OO
selber kontrollieren, willst du dich OO
lösen aus der Hörigkeit, und dein OO
Geschlechtliches beherrschen lernen! OO
‒ ‒ ‒
Jede dich umschleichende Empfindung, OO
die vor allerstrengster Prüfung nichtOO
121 Die Ehe
bestehen kann, mußt du entweder vonOO
dir weisen, oder aber sie in Bahnen OO
zwingen, die sie völlig der Geschlecht‐ OO
lichkeit entziehen!
Laß' dich nicht irreführen durch die laxe OO
Art, in der man meistens diesen Dingen OO
gegenübersteht und sie als leichthin läß‐ OO
lich „Menschliches” betrachtet, ohne OO
sich der Schmach bewußt zu werden, OO
die man schon durch das Wort alleinOO
auf seinen Menschennamen wirft! ‒ ‒ OO
Wo immer du es nicht vermagst, die OO
Anderen aus ihrer Tiergebundenheit in‐ OO
soweit loszulösen, daß sie selbst zuOO
Willen kommen um sich völlig ihr OO
dann zu entwinden, dort sollst du NachOO
sicht üben, bis auch einst noch ihreOO
Stunde schlagen wird!
Wo sie jedoch dich selbst behindernOO
122 Die Ehe
wollen, deine Freiheit zu erringen, OO
dort ist Abkehr heilig-hohe Pflicht! OO
‒ ‒ ‒
Ich lehre nicht, daß man Versuchung OO
immer meiden könne, sondern zeige, OO
wie man ihrer sich erwehren kann!
Auch wenn du aus der Welt entfliehenOO
wolltest, würde dich Versuchung nochOO
in deiner fernsten Einsamkeit zuOO
finden wissen...
Du mußt dich so erziehen, daß du ihr OO
allerorten und zu jeder Zeit begegOO
nen kannst, ‒ des Sieges schon im OO
voraus sicher, ‒ nicht mehr erregbar, OO
mag sie auch mit allen Künsten locken: OO
gelassen in der Abwehr, und beOO
stimmten Willens!
Dann wirst du nicht nur deine Ehe heilig OO
123 Die Ehe
halten und vor jeglicher BeschmutzungOO
wahren, sondern dir und dem mit dir OO
vereinten Menschen auch gar vielesOO
Leid ersparen, selbst wenn es nur das OO
Leid vorübergehender BetrübungOO
wäre, was der nächste Tag schon wieder OO
wenden könnte. ‒ ‒ ‒
Noch andere Gefahr jedoch, ‒ kaum OO
minder groß als die Versuchung, die OO
von außenher zu kommen scheint, da OO
du im Äußeren den Anlaß ihrer AusOO
lösung gewahrst, ‒ kann aus Empfin‐ OO
dungstiefen her der Ehe Glück bedrohen. OO
Auch hier ist Warnung nötig, und auch OO
hier ist vieles Unheil leicht noch abzuOO
wehren, wird sogleich erkannt, daß OO
Pflicht besteht, Gefahr zu bannen... OO
Es gibt in jedem Menschen dieser Erde OO
124 Die Ehe
einen inneren Bereich, den er kaum selOO
ber kennt, und den er noch viel weniger OO
vor irgend einem Nebenmenschen völligOO
offenbaren kann, ‒ nicht, weil hier OO
Heimliches verschwiegen werden OO
müßte, oder zu Erhabenes sich nichtOO
in Worte fassen ließe, ‒ sondern: OO
weil der Mensch hier selbst zu weOO
nig von sich selber weiß...
Nun kann es kommen, daß die Einung OO
zweier Menschen in der Ehe sie verOO
leitet, auch noch dort nach gegenseitiger OO
Entschleierung zu streben, wo unab‐ OO
weisliches Gebot: Verhüllung heischt, OO
‒ und daß sie dann urplötzlich in Ent‐ OO
setzen sich vor einer gegenseitigen EntOO
täuschung sehen, die sie selbst herauf‐ OO
beschworen haben, und der nur selbstOO
geschaffene Phantome, die das Eigen‐ OO
bild in wahrheitswidriger VerzerrungOO
125 Die Ehe
zeigen, mehr als fragliche GewährOO
verleihen. ‒ ‒
Man glaubt, man müsse sich einander OO
bis ins Innerste enthüllen, und OO
schreckt alsdann zurück, wenn man sich OO
endlich seelisch nackt zu sehen meint, OO
‒ nicht ahnend, daß man vor einander OO
gegenseitig nur Popanze schuf und OO
ihnen nun mehr glaubt als aller Wirk‐ OO
lichkeit. ‒
Zwei Menschen, die sich stets im Aller‐ OO
tiefsten nur als Eines fühlten, werden OO
sich nun fremd, weil sie in Worten wahr OO
sein wollten, dort, wo Worte nie die OO
Wahrheit wissen können...
Ein äußeres Geschehen, ein Begegnen, OO
oder sonst ein Anlaß, der von außen OO
kam, läßt unversehens Zweifel keimen: OO
126 Die Ehe
ob man sich noch ganz „gehöre”, und OO
allsobald mißtraut man aller SicherOO
heit des Fühlens, um in sich zu wühlen OO
und zu bohren, bis man sich endlich nun OO
in Herz und Nieren aufgefunden wähnt. OO
Lebendigen Leibes hat man sich seziert, OO
und da man sich auf diese Weise nie‐ OO
mals finden konnte, formte man aus OO
eigenen Eingeweiden das Phantom, in OO
dem man so recht eigentlich sich selbstOO
zu haben meint. ‒
So zeigt man nun einander diese Aus‐ OO
geburt des Wahns, und, schreckerfüllt, OO
fühlt man sich von dem Anblick abgeOO
stoßen. ‒ ‒
Gar arges Unheil ist auf solche Art aus OO
reiner Torheit nur geschaffen worden, OO
und manche Ehe, die vor Gott bestehenOO
bleiben sollte, wurde so zerstört durch OO
127 Die Ehe
einen Wahrheitswillen, der zum IrrOO
tum führen mußte, da er den WortenOO
mehr vertraute, als der inneren GeOO
wißheit fühlenden Erlebens, in der OO
allein die Wahrheit für ihn auffindOO
bar gewesen wäre...
Es ist jedoch nicht nur nicht nötig, daß OO
man alles voreinander auszukramen OO
suche, was dort, wo man sich selbst kaum OO
kennt, als dunkle Regung das GeOO
fühl beirren will: ‒ es ist vielmehr in OO
jedem Fall verderblich, diese Dinge, OO
die im Lichte eigenen Bewußtseins noch OO
molluskenhafte Formen zeigen, und OO
bald hell, bald dunkel, in der widerOO
streitendsten Verfärbung schillern, OO
geflissentlich hervorzuzerren, um sie OO
in die Form bestimmter Worte einzu‐ OO
pressen! ‒ ‒
128 Die Ehe
Schnell ist ein Wort gesprochen, dessen OO
Folgen selbst in einem langen Menschen‐ OO
leben nicht mehr auszumerzen sind! OO
Bei solchen dunklen Regungen jedoch, OO
die keine klarbestimmten Formen zeigen OO
können, wird außerdem das Wort stets OO
fälschen, wird vergröbern und verOO
stärken müssen, soll es das noch UnOO
sagbare, Ungeformte formen und zu OO
sagen suchen...
Es werden Worte dann gesprochen, vor OO
denen man erschrickt, noch während OO
sie die Zunge schrill hervorzustoßen sich OO
gezwungen fühlt, als hetzten sie Dä‐ OO
monen...
Im nächsten Augenblicke möchte man OO
das so Gesagte auch schon widerrufen, OO
hätte man nicht, ungewollt, schon wie‐ OO
der weit verletzenderes Wort auf OO
seinen Lippen...
129 Die Ehe
Worte die man gar nicht sagenOO
wollte, tauchen aus Tiefen auf, um dieOO
man niemals wußte, und diese Worte OO
haben überzeugende Gewalt, für OO
uns, wie für den Andern, obwohl sie OO
alles Andere eher, nur nicht der WahrOO
heit Zeugnis sind...
Wurden sie jedoch nun einmal ausgeOO
sprochen, so holt sie keine Macht der OO
Erde wieder in das Unerkennbare zuOO
rück, und selbst dem späteren, ernsten OO
Widerruf wird man nur zögerndOO
schwachen Glauben schenken können. OO
‒ ‒
Und doch hat man sich gegenseitig nur OO
aus einem tollen Wahn heraus beloOO
gen, ‒ derweil man sich nun endlich, OO
‒ so als ob es nie geschehen wäre, ‒ OO
die Wahrheit” sagen wollte! ‒ ‒
130 Die Ehe
Besonders dann, wenn gar noch ZornOO
und Heftigkeit den Worten WirkungsOO
kraft zu sichern suchten! ‒ ‒ ‒
Bei ruhigem Betrachten wird man OO
bald bemerken, wie der Schein derOO
Wahrheit solchen Worten schwindet, OO
‒ ja, oft wird man entdecken, daß nur OO
das Gegenteil von dem, was man inOO
seinem Wahn alswahrempfunOO
den hatte, der Wahrheit unverfälschteOO
Darstellung geschaffen hätte...
Nun aber kommt Erkenntnis leider vielOO
zu spät, und Reue wird jetzt wenigOO
ändern können. ‒ ‒
Will man das Unheil, das sich aus zu OO
früh geborenen Worten immer neue OO
Nahrung saugt, dann wieder aus derOO
Welt zu schaffen suchen, so hat man OO
131 Die Ehe
wahrlich seine bittere Not, ‒ und schafftOO
man es auch endlich fort, so wird es dochOO
noch immer Spuren hinterlassen, die OO
niemals gänzlich zu verwischenOO
sind. ‒ ‒
Unendlich leichter aber wäre es ge‐ OO
wesen, sich die Rede vorher zu verOO
wehren, und Dinge, die kein Recht be‐ OO
saßen, Wort zu werden, niemals ausOO
zusprechen! ‒ ‒ ‒
Was sich in jenem inneren Bereich, in OO
dem der Mensch sich selber fremdOO
bleibt, zu verbergen trachtet, das hat OO
guten Grund, Verborgenheit zu for‐ OO
dern, und niemals soll man es gewalt‐ OO
sam in das grelle Licht des TagesOO
zwingen wollen!
Was Ruhe braucht, wird man am besten OO
stets in seiner Ruhe lassen, damit es OO
132 Die Ehe
nicht in wilder Wut zerstöre, was es OO
auferbauen soll! ‒ ‒
Auch in dem Streben, seine eigeneOO
Tiefe zu ergründen muß man sich beOO
meistern lernen, damit man nicht ver‐ OO
sucht wird, Tiefen auszuloten, die grundOO
los sind, ‒ und dort das Leben störe, OO
wo es erst nach Formung drängt, OO
die nur in steter Ruhe sich gestalten OO
kann...
Dann aber wird sich jede dunkle ReOO
gung innerer Beirrung als ein DurchOO
gangsstadium völlig andersartigerOO
Empfindungsbildung zeigen, ‒ denn OO
stets, wenn sich Empfindung feste FormOO
erschaffen will, bedarf sie eines GegenOO
satzes, den sie sich selber setzenOO
muß, um ihn zu überwinden! ‒ ‒ ‒ OO
Zwei Menschen, die in ihrer Ehe ihrerOO
133 Die Ehe
Liebe sicher sind, und doch sich täglich OO
neu erproben wollen, um sich auch inOO
Worten ihre Liebe zu „beweisen”, OO
begeben sich nur in Gefahr, das Glück, OO
das sie sich schaffen sollen, zu zerstöOO
ren, noch bevor es sich aus seinen Fun‐ OO
damenten frei erheben kann! ‒
Was dir dein innerstes Gefühl beweist, OO
dem sollst du nicht noch WortbeweisOO
zur Seite stellen wollen!
Auch dann nicht, wenn dich eine dunkle OO
Regung unklar wogenden Empfindungs‐ OO
webens in dir selbst beirrt, so daß, OO
was vorher im Gefühl gesichert war, OO
dir nun zur Frage wird! ‒ ‒
Warte gelassen in dir selber AntOO
wort ab, und übe Schweigen, bis du OO
sie erhalten hast!
134 Die Ehe
Im Schweigen wirst du alle Störung OO
deines Fühlens sicher meistern!
Im Schweigen wird dir deine RuheOO
wiederkehren, und bald wirst du erneut OO
auch wieder deines Fühlens sicherOO
sein!
Dann aber wirst du dich vor jedemOO
Wort entsetzen, das da vordem schon OO
auf deiner Zunge schwebte!
Dankbar wirst du deinem SchweiOO
gen sein!...
Vor vielem Unheil hat es deine Ehe OO
dir behütet. ‒ ‒ ‒
Jetzt aber wirst du wahrlich redenOO
dürfen!
Glück und Freude hast du neu errunOO
gen, und von Glück und Freude wirdOO
nun jedes deiner Worte zeugen!
135 Die Ehe
Nur schaudernd denkst du noch zurück OO
an jenen dunklen Tag, der dich schon in OO
Versuchung und Gefahr sah, zu verfluOO
chen, was du nunmehr aus ganzer Seele OO
segnen mußt! ‒
Wahrhaftig: ‒ daß du schweigen konn‐ OO
test, wo die Rede Fluch gewesen wäre, OO
‒ das wird nun deiner Ehe Segen! OO
‒ ‒ ‒
*          *
*
136 Die Ehe
SECHSTES KAPITEL
VOM ZWANG DES ALLTAGS
UNZÄHLIG sind die „unglückliOO
chen Ehen”, in denen sich einst OO
beide Teile als zu allem Glück berechOO
tigt glaubten, bis dieser Traum in ReueOO
und Verzicht sein armes Ende fand. ‒ ‒ OO
Es gibt ja leider nur zu viele Gründe, OO
die zu so bitterer Enttäuschung führen OO
können! ‒
Doch geht man sicherlich nicht fehl, wenn OO
man sehr vieler Ehen vornehmlichOO
stes Unglück darin grundverankertOO
sucht, daß beide Teile in der Ehe die OO
Erfüllung eines Lebenswunsches zu OO
erreichen glaubten, der, ‒ durch VerOO
stiegenheiten töricht-lebensfernerOO
Vorstellung genährt, ‒ im Glück der OO
Ehe sich ein Glück des steten festOO
lichen Erlebens vorbehalten sah. ‒ ‒ OO
Die Ehe aber ist gewiß kein ewigerOO
139 Die Ehe
Feiertag und läßt sich niemals aus dem OO
Zwang des Alltags lösen!
Man kann in ihr nicht immer FesteOO
feiern und, beglückt im Liebesrausch, OO
die Welt vergessen! ‒
Gedeihliches Leben braucht seinen OO
Rhythmus: braucht Steigerung und OO
Senkung seines Ablaufs, ohne UnterOO
laß! ‒
So aber muß auch in der Ehe steter OO
Lebensrhythmus herrschen!
Auch dort, wo aller Reichtum dieser OO
Erde zur Verfügung steht, kann eine OO
Ehe nur gedeihen, wenn sie, außerOO
ihren Festen, einen Alltag kennt! ‒ OO
So aber ist auch da, wo sich die NotOO
des Daseins solchen Alltag zu erOO
zwingen weiß, durchaus kein Grund OO
140 Die Ehe
gegeben, einer Ehe Glück gefährdet zu OO
erachten, wenn nur die beiden Ehegatten OO
diesen Zwang des Alltags so zu OO
nützen suchen, daß er dem inneren Le‐ OO
bensrhythmus ihrer Ehe Kräfte bringt, OO
aus denen ihm auch Feste einst erstehen OO
werden. ‒ ‒
Wohl ist es freilich leichter, sich im OO
Festgewande zu gefallen, als im AllOO
tagskleide! ‒
Und leichter ist es, sich gemeinsam OO
heiterem Genießen hinzugeben, als OO
des Alltags schwere ForderungenOO
zu erfüllen! ‒
Die Ehe aber kann kein stetes „ArmOO
in-Arm”, ‒ kein stetes LiebeskosenOO
sein und wenn auch jeder Eheteil dem OO
anderen nur zu gerne stete ZärtlichOO
keit bezeigen möchte, so wird gar oft OO
141 Die Ehe
die Sorge um des Lebens Notdurft, oder OO
sonstige Verpflichtung, Anderes erhei‐ OO
schen, und Liebesstunden werden FeierOO
stunden bleiben! ‒ ‒
Hierfür fehlt aber allzuoft das richOO
tige Verstehen!
Man möchte auch den Alltag in der Ehe OO
nur als Fest erleben, und fühlt sich „umOO
sein Glück betrogen”, wenn er sich OO
als Alltag zeigt. ‒ ‒ ‒
Zu allem Überfluß läßt es sich meistens OO
nicht verhüten, daß jeder Eheteil in sei‐ OO
nem Alltag einem anderen Bereich des OO
Lebens dienen muß.
Nun kann es sich ereignen, daß der eineOO
nach getanem Werke sich auf einerOO
Wellen-Höhe des Empfindens fühlt, OO
indessen sich der andere in einer NieOO
derung weiß, die er erst überwindenOO
142 Die Ehe
muß, um seine Höhe wieder zu erOO
reichen.
Wenn man sich nun begegnet, und nicht OO
liebendes Verstehen alsbald ausOO
zuspähen sucht, wie es dem andeOO
ren Teil zumute ist, dann müssenOO
beide Teile aneinander leiden, ob‐ OO
wohl sich dieses Leid so leicht vermeiOO
den ließe, würde man nicht gar zu sehr OO
von seinem eigenen Erleben einge‐ OO
nommen sein. ‒ ‒
So mancher Zwist wird nur hervorge‐ OO
rufen, weil der eine Eheteil nur seinenOO
Alltag kennen will, und für den AlltagOO
seines Gegenpoles kein VerstehenOO
zeigt!
Man spricht da aus verschiedenen ErOO
lebnishöhen zueinander, und ist „geOO
kränkt”, wenn man sich nicht verOO
143 Die Ehe
standen sieht, statt erst einmal desOO
Anderen Erlebnislage zu erfassen... OO
Dies alles aber ist nur Folge einer Sucht, OO
den Alltag um sein Recht zu brinOO
gen: ‒ sich seinen ForderungenOO
möglichst zu entziehen! ‒ ‒ ‒
Die Sitte, seine Ehe, nach erfolgter äuße‐ OO
rer Bestätigung, sogleich mit einer ReiseOO
zu beginnen, mag manches für sichOO
haben, und doch trägt sie recht oft die OO
Schuld daran, wenn glückliches BeOO
ginnen in Enttäuschung endet. ‒ ‒ OO
Frei von Alltagspflicht, und nur allein OO
dem heiteren Genießen hingegeben, be‐ OO
ginnt ein Ehepaar auf solcher Reise sein OO
Gemeinsamkeitserleben unter Vorbedin‐ OO
gungen, die selten oder nie im Leben OO
wiederkehren.
144 Die Ehe
Zu leicht wird man verführt, in diesem OO
ungestörten Beieinandersein nunmehr OO
des Ehelebens Inbegriff zu sehen.
‒ ‒
Die Tage dieser Reise schaffen eine holde OO
Täuschung, der man gerne sich ergibt, OO
und die man nie beendet sehen möchte. ‒ OO
Doch, ist das Ehepaar, das nun schon OO
glaubt, die Ehe recht zu kennen, end‐ OO
lich heimgekehrt, so meldet sich zu‐ OO
meist auch schon der Alltag an und OO
heischt die Pflicht gesonderten Er‐ OO
lebens.
Die eigenen vier Wände sind der jungen OO
Gattin fremd wie eine Gasthofstätte, ‒ OO
nur ist der eigene Haushalt jetzt da‐ OO
zugekommen und macht das Leben nicht OO
mehr ganz so leicht, wie es erschienen OO
war, solange auf der Reise Andere für OO
145 Die Ehe
alles sorgten, was man zum Behagen OO
brauchte. ‒
Zum erstenmal ist in der jungen Ehe OO
viele Stunden währende, ja oftmals OO
tagelange Trennung beider Ehegatten OO
nötig, und jeder Teil sieht sich vor Auf‐ OO
gaben gestellt, die dem bisherigen Er‐ OO
leben seiner Ehe völlig fremd geblieben OO
waren. ‒ ‒
Schon hier beginnt zuweilen die ErOO
nüchterung des ersten LiebesrauOO
sches, und wahre Liebe sieht sich schon OO
vor ihrer ersten Probe stehen...
Es ist nicht gar so leicht, sich aus der OO
Übersteigerung der Freuden seiner OO
Reisetage nun zu lösen und den „AllOO
tag” zu bezwingen! ‒ ‒
In vielen Fällen hätte sicherlich sich OO
146 Die Ehe
Besseres ergeben, wenn die Ehe erst OO
im Alltag aufgerichtet worden wäre, OO
bevor man sie in stetem Feiertage, OO
und losgelöst von jeder Alltagspflicht, OO
erlebte. ‒ ‒ ‒
Wie aber dem auch immer sei, so läßt OO
sich doch hier sagen, daß recht Erheb‐ OO
liches gelungen ist, wenn sich das junge OO
Paar allmählich auch vertraut mit seinem OO
Alltag zeigt, denn Ehe findet stets erstOO
dann sich in Bewährung, wenn sie den OO
Alltag zu bemeistern weiß. ‒
Ihr, die der Ehe heilig-hehre Bindung OO
nun vereint, wart euch vielleicht vor OO
gar nicht langer Zeit noch völlig fremd! OO
Jeder von euch Beiden lebte noch sein OO
eigenes Leben, und der Kreis von Men‐ OO
147 Die Ehe
schen, der ihn dort umgab, war ihm ver‐ OO
traut, wie er dem Kreise...
War es bisher das Elternhaus, das euch OO
umhegte, dann mag auch innigstes Ver‐ OO
bundensein euch täglich neu umfangen OO
haben, und treue Eltern- und Geschwi‐ OO
sterliebe war um euer Wohl besorgt.
Vielleicht jedoch wart ihr schon längst OO
dem Elternhaus entwachsen und eure OO
Freunde waren in der Fremde euch er‐ OO
standen?
Jetzt aber habt ihr Beide euch gefun‐ OO
den, und damit trat ein neues Fühlen OO
nun in seine Rechte, das anderer Ar‐ OO
tung ist als Eltern- und GeschwisterOO
liebe, ‒ anderer Artung als die tiefste OO
Freundschaft, und das allein euchOO
Beiden gegenseitig gilt: niemals mitOO
Anderen zu teilen ist...
148 Die Ehe
Glaubt nicht, daß dieses neue Fühlen nur OO
bedingt sei durch das erdenhafte Glück OO
des körperlichen Angehörens!
Wenn echte Liebe euch vereint, dann OO
ist hier wahrlich Anderes in euch er‐ OO
blüht, das euch zwar nun auch körperOO
lich vereint, zugleich jedoch die körper‐ OO
liche Einung überstrahlt mit überOO
erdenhaftem Lichte! ‒ ‒ ‒
Nun seid ihr für das Erdenleben, ‒ OO
zumindest eurem Willen nach, ‒ verOO
einigt, ‒ doch noch sind hier zweiOO
Leben, die sich keineswegs von einem OO
Tage auf den anderen so verschmelOO
zen lassen, daß sie schon wirklich jenes OO
eine neue Leben auch im äußeren Da‐ OO
sein bilden könnten, das höchstes ZielOO
und hehrste Hoffnung eurer jungen Ehe OO
ist! ‒ ‒
149 Die Ehe
Vorerst müßt ihr euch noch gedulden, OO
und alles Streben muß darauf gerichtet OO
sein, in gegenseitigem Gewähren zu erOO
fühlen, wo sich: ‒ die TrennungsOO
punkte eurer beider Lebensläufe zeigen, OO
und: ‒ wo etwa der eine schon dem OO
anderen Einungspunkte darzubieten OO
habe...
Der Zwang des Alltags wird euchOO
hier ein guter Lehrer sein! ‒
Ihr werdet sicher sehr viel mehr anOO
Trennendem gewahren, als euch liebOO
und wünschenswert erscheint, ‒ OO
doch, wenn die Liebe eure Augen schärft, OO
dann werdet ihr auch bald bemerken, wo OO
das eine Leben sich dem anderen am OO
ehesten vereinen kann...
Was aber eure Leben bisher trennte, OO
150 Die Ehe
‒ in der ganzen Auffassung des Le‐ OO
bens, ‒ das sollt ihr klug, und völlig OO
eures Tuns bewußt, stets mehr und OO
mehr zu übersehen suchen, ‒ doch, OO
was zur Einung eurer Beider, bis vor OO
kurzem noch getrennten Leben führen OO
kann, muß ebenso bewußt gesucht und OO
gegenseitig dargeboten werden.
‒ ‒ ‒
Der Alltag wird euch manche harte ProbeOO
bringen, die ihr nur dann bestehenOO
werdet, wenn ihr euch Beide in dem ste‐ OO
ten Streben findet: ‒ das EinigendeOO
eurer Beider Art, dem Leben zu begeg‐ OO
nen, in und an euch aufzusuchen, das OO
bisher Trennende jedoch zu ignorieOO
ren!
Die neue häusliche Gemeinsamkeit OO
schon bringt so manche, oftmals nicht OO
151 Die Ehe
ganz leichte Probe, die bestandenOO
werden will...
‒ Solange ihr im Einzel-Leben wart, OO
bewohnte jeder von euch Beiden seinen OO
eigenen Raum, den er nach seiner Weise OO
schmückte, und in dem er alles, was ihm OO
lieb und wertvoll war, nach seiner Weise OO
unterbrachte.
Jetzt aber lebt ihr in den gleichen Räu‐ OO
men, und wenn auch äußere Bedingungen OO
es euch erlauben sollten, daß dennoch OO
jeder außerdem sich einen eigenen Be‐ OO
reich für sich allein gestalten kann, so OO
wird auch das gewiß nicht ganz dasOO
Gleiche sein, wie eure frühere AlleinOO
herrschaft in dem euch zugemessenen OO
Raum...
In allem seid ihr Beide aufeinanderOO
angewiesen, und eure Liebe schon OO
152 Die Ehe
wird euch bewegen, euer Heim doch OO
wohl zu gegen-seitigem Gefallen aus‐ OO
zubauen. ‒
Manche liebgewordene Gestaltung wird, OO
‒ aus welchen Gründen immer es ge‐ OO
schehen möge, ‒ letzten Endes doch demOO
Anderen zuliebe aufgegeben werden OO
müssen, und manche alte Neigung wird OO
zu wandeln sein, wenn eure Räume OO
wirklich eurer Beider Heimstatt werden OO
sollen, in der sich jeder Eheteil „zuOO
hause” fühlt! ‒ ‒ ‒
Nicht minder wichtig als die WohOO
nung ist die Speise!
Ich rede nicht hier von der Frage, ob OO
man Tierisches genießen solle, oder OO
alles, was vom Tiere stammt, zu meidenOO
153 Die Ehe
habe, ‒ und auch nicht von anderenOO
„Reformen” der Ernährung!
Wer sich der Sünde fürchtet, ‒ ein OO
Tier zu schlachten, oder zu erjagen, der OO
unterlasse solches, aber er glaube nicht OO
etwa, ein besserer Mensch zu sein, OO
und öde Andere nicht an mit Lehren, OO
die allzubillig sich erhandeln lassenOO
auf dem bunten Jahrmarkt menschOO
licher Verstiegenheiten! ‒ ‒ ‒
Ich aber rede hier nunmehr nur von der OO
Zubereitung dessen, was dem Erden‐ OO
körper neue Aufbaustoffe bieten soll.
Ihr stammt aus zwei verschiedenen El‐ OO
ternhäusern, vielleicht sogar aus von ein‐ OO
ander weit entfernten Heimatsgauen, ‒ OO
und in jedem dieser, schon durch LanOO
desart vielleicht bestimmten Eltern‐ OO
154 Die Ehe
häuser herrschte eine andere Art der OO
Nahrungszubereitung.
Was jeder aber stets gewohnt war, OO
schätzt er über alle Maßen, ‒ und wie OO
die Speise zubereitet wurde, die man OO
ihm von Kindheit auf zu reichen wußte, OO
so will er sie auch weiter zubereitetOO
sehen...
Auch hier gibt euch der Alltag reichOO
liche Gelegenheit euch anzugleiOO
chen!
Mag man auch lächeln, finde ich hier diese OO
Dinge der Erwähnung wert, so wird OO
doch manche Ehe leider aus ErfahrungOO
wissen, daß schon oft ein sorglichst OO
wohlbereitetes Gericht die ZwietrachtOO
an den Tisch des Hauses brachte. ‒ ‒
Ihr seid nunmehr zu Zweien, und ver‐ OO
pflichtet, euch einander anzupassen, OO
155 Die Ehe
obwohl da jeder nur auf seines Eltern‐ OO
hauses Küche schwört, und jeder seineOO
eigenen Vorlieben und Abneigungen OO
gegenüber manchen Speisen hegt.
Sehr oft jedoch ist eines Ehegatten OO
„Lieblingsspeise” darum nur dem anOO
deren ein Greuel, weil sie im Aufbau OO
seines Körpers nicht die gleiche WirOO
kung zeitigt, ‒ und manche AblehOO
nung der Zubereitung resultiert aus OO
instinktivem Fühlen, daß sie demOO
physiologischen Bedürfnis eigener OO
Natur zuwiderläuft...
Da man jedoch gemeinsam speisen will, OO
so ist es oft recht schwer, weit ausein‐ OO
anderstrebendes Bedürfnis zu befriedi‐ OO
gen, zumal, da vielfach der GeruchsinnOO
schon durch diese oder jene, nicht der OO
eigenen Natur gemäße Speise bis zurOO
Unerträglichkeit gefoltert wird. ‒ OO
156 Die Ehe
Hier wird nun jeder Eheteil erst zu erOO
fühlen suchen müssen, was dem ande‐ OO
ren Gewohnheit lieb zu machen wußte, OO
oder was er aus Instinkt begehrt, und OO
aus dem gleichen, gut begründeten In‐ OO
stinkt, zu meiden strebt. ‒
Auch hier wird jeder von euch Beiden OO
auszuspüren haben, wo die „TrenOO
nungspunkte” liegen, und wo ihr euch OO
von selbst beim gleichen Wählen undOO
Verwerfen findet!
Glaubt nicht, daß solches gegenseiOO
tige Verstehen etwa überflüssig wäre, OO
oder, daß ich gar von jenen wunderOO
lichen Ehen rede, in denen nur des OO
Mannes Gaumenlust bestimmt, was auf OO
den Tisch des Hauses aufgetragen wer‐ OO
den darf! ‒ ‒
Der Zwang des Alltags: stetig wieder OO
157 Die Ehe
neue Nahrung darzubieten, gibt für OO
beide Teile einer Ehe reichliche Gele‐ OO
genheit, sich gegenseitig Freude zuOO
bereiten und die eheliche HarmonieOO
zu fördern, ‒ denn körperlichesOO
Wohlbehagen löst auch seelisches Be‐ OO
hagen aus! ‒ ‒ ‒
So mag man, wo es möglich ist, auch OO
zu gewissen Tagen dafür Sorge tragen, OO
daß nicht nur Allernötigstes den OO
Tisch des Hauses decke, obwohl ich weitOO
davon entfernt bin, hier etwa der EsOO
sens-Schwelgerei das Wort zu re‐ OO
den...
Es läßt sich aber oft mit kleinen Dingen OO
recht viel Freude schaffen, ‒ beson‐ OO
ders wenn aus ihrer Darbietung ersicht‐ OO
lich wird, daß man sich gegenseitig OO
Freude bringen wollte, durch ErfülOO
lung irgend eines kleinen LiebOO
158 Die Ehe
lingswunsches, der sich mit Leichtig‐ OO
keit erfüllen ließ. ‒ ‒
Wie hier die Frau des Hauses ihresOO
Gatten Neigung liebevoll erspähen OO
wird, so möge aber auch der Mann ver‐ OO
suchen, ihr die kleinen ÜberraschunOO
gen zu bieten, die Frauen meist soOO
sehr zu schätzen wissen! ‒ ‒
Ein wenig „Überfluß” ‒ und halte er OO
sich auch in sehr bescheidenen GrenOO
zen ‒ wird in der Ehe, wie auch sonst OO
in diesem Erdendasein, stets das Mit‐ OO
einanderleben freudiger und leichterOO
machen, so daß man dort, wo er sich ir‐ OO
gend noch bereiten läßt, gewiß nicht OO
von „Verschwendung” reden darf! OO
‒ ‒ ‒
Hier aber führt ein Schritt nur uns zu OO
159 Die Ehe
einer gegensätzlich anderen Art, den OO
Zwang des Alltags in der Ehe zu OO
empfinden, ‒ und wahrlich: ‒ hier ist OO
bitterer Zwang!
Ich denke an den oft so schwerenOO
Kampf, um auch nur unentbehrlichsteOO
Ernährung aufzutreiben, ‒ an den OO
Zwang zu unerbittlichster ErschöpOO
fung aller Kraft, um soviel zu verdie‐ OO
nen, daß man die dringendsten Er‐ OO
fordernisse seines Lebens gerade nochOO
bestreiten kann. ‒ ‒
Wahrlich: ‒ die Ehe, die mit solchemOO
harten Zwang des Alltags rechnen OO
muß, sieht beider Eheteile Liebe täglich OO
neu vor ernster Prüfung stehen! ‒ ‒ ‒ OO
Zugleich ist aber beiden Teilen hier ‒ OO
wie nirgends sonst ‒ Gelegenheit ge‐ OO
schaffen, sich ihre Liebe zueinander OO
160 Die Ehe
täglich neu zu offenbaren durch dieOO
Tat: ‒ sich gegenseitig Hilfe darzu‐ OO
bieten, und sich das Allzuschwere ge‐ OO
genseitig zu erleichtern, wie nur LiebeOO
hier erleichtern kann. ‒ ‒ ‒
Mehr noch, als in erfreulicherenOO
Lebenslagen, werdet ihr euch seelischOO
ineinanderschmiegen müssen, wenn OO
sich der Zwang des Alltags eurer EheOO
in so harter Weise fühlbar macht!
Gebt nicht dem leisesten EmpfindenOO
in euch Raum, das euch gerade hier die OO
innere Gemeinsamkeit verlieren lehren OO
könnte, wo sie am allernötigsten geOO
fordert wird, wollt ihr als Sieger einst OO
aus solchem Kampfe schreiten!
Auf Schritt und Tritt könnt ihr euch helOO
fen, ‒ selbst, wenn es nicht vonOO
außen her geschehen kann, wenn nur OO
161 Die Ehe
der eine Eheteil auf seine Weise stets OO
des anderen verbrauchte Kraft in Liebe OO
zu erneuern: ‒ des anderen Teiles OO
schon gesunkenen Mut aufs neue aufOO
zurichten sucht! ‒ ‒ ‒
Vergeßt jedoch auch nicht, daß ihr euch OO
zum Verhängnis werden könnt, wenn OO
beide Teile, ‒ statt sich aneinander im‐ OO
mer wieder zu erheben, ‒ einander OO
niederziehen, weil euch die Not ver‐ OO
führt, zu glauben, daß sie leichter trag‐ OO
bar sei, wenn man sie stetig sich vorOO
Augen halte, und auch Sorge trage, OO
daß der Andere sich ja nicht etwa da‐ OO
zu aufzuschwingen wisse, seiner LastOO
zu spotten! ‒ ‒ ‒
Ihr könnt euch dann nur wirklich helOO
fen, wenn Einer stets im AnderenOO
lebt, und ihr die Zwangslast, die der OO
Alltag auf euch bürdet, gemeinsam zu OO
162 Die Ehe
ertragen sucht, ‒ verbergend, daßOO
sie euch in gleicher Weise wie denOO
Anderen drückt! ‒ ‒
Nichts ist törichter, als einen ZustandOO
zu bejammern und durch stete KlaOO
gen unerträglich zu gestalten, den OO
man durch eigenes Tun nicht ändernOO
kann!
Ist man jedoch imstande, ihn zu änOO
dern, dann wird erst recht die stete OO
Klage nichts verbessern, sondern nur OO
den Antrieb hemmen, der in ganzerOO
Kraft vonnöten ist, will man aus sei‐ OO
ner üblen Lage sich befreien. ‒ ‒ ‒
In welcher Weise aber auch der OO
Zwang des Alltags sich in eurer Ehe OO
äußern mag: ‒ er kann in jeder Form OO
163 Die Ehe
euch Segen bringen, wenn ihr ihm OO
richtig zu genügen wißt!
Und ist auch anderes Leben in ihn ein‐ OO
bezogen, so wird auch dieses Leben OO
Segen oder Fluch erfahren, je nach OO
eurer Art, dem Alltag zu begegnen... OO
Man kann nicht segnen und zugleichOO
auch an der gleichen Stelle fluchen, ‒ OO
und so auch kann man anvertrautesOO
Leben nicht mit Segen und mit GlückOO
erfüllen, wenn man zugleich sein eigeOO
nes Leben ‒ durch das eigene Verhal‐ OO
ten ‒ nur mit Fluch belädt, und ihm OO
auf solche Weise jede GlückesmögOO
lichkeit entzieht! ‒ ‒ ‒
Erfüllung aller eurer Wünsche aber OO
wird euch werden, wenn ihr dem OO
Zwang des Alltags so Genüge leistet, OO
164 Die Ehe
daß ihr zuletzt ihn ganz beherrschenOO
lernt!
Dann werdet ihr auch Feste feiern kön‐ OO
nen, so, wie sie zu feiern sind, soll OO
euch aus ihnen wieder neue Kraft er‐ OO
stehen, um den Alltag zu ertragen, OO
‒ ‒ den gleichen Alltag, der doch OO
letzten Endes immer wieder eurer OO
Feste frohen Anlaß schafft! ‒ ‒ ‒
*          *
*
165 Die Ehe
SIEBENTES KAPITEL
VOM
WILLEN ZUR EINIGKEIT
ES könnte so unendlich viel mehrOO
Glück in mancher Ehe sich entfalten, OO
würde man sich mehr bemühen, stets OO
nach Einigkeit zu streben! ‒ ‒
Man unterschätzt gar sehr den WertOO
der Eintracht, als Erhalterin desOO
Glückes, sonst würde man sie nicht so OO
oft um eitler Dinge willen stören: ‒ OO
um „Meinungen” und „AnsichtenOO
zum Sieg zu bringen voreinander, die OO
wahrlich wenig wiegen, wägt man in OO
der anderen Hand sein Glück! ‒ ‒ ‒ OO
Durch jegliche Lappalie bringt man OO
seiner Ehe Eintracht in Gefahr, ‒ und OO
wenn sich alle Eheleute, die ihr Glück in OO
Scherben gehen sahen, fragen wollten, OO
was der dann folgenden Zertrümmerung OO
einst ersten Anlaß dargeboten habe, OO
dann würde sich, weit öfter als man OO
169 Die Ehe
glauben möchte, zeigen, daß meist ganzOO
lächerliche Störungen der Einigkeit OO
Vernichtung ehelichen GlückesOO
wirkten, ‒ auch wenn man später dann OO
noch andere Gründe schuf, die nieOO
geschaffen worden wären, hätte man OO
sich vorher nicht entzweit. ‒ ‒ ‒
Ich rede nicht nur von „RechthabereiOO
und „Eigensinn”, die beide nur als OO
Wehr der Dummheit, oder als das OO
kläglich armselige Schild verknöcherOO
ter Erstarrung anzusehen sind, als OO
welche sie bekanntlich ja in allenOO
Lebensbindungen zum „Schrecken” aller OO
Denkbeweglichen und seelischOO
Freien werden: ‒ zu einem „Schrecken” OO
den nur Mitleid bannt und Ironie ver‐ OO
scheucht! ‒ ‒
Ich rede hier vielmehr von jener Art OO
170 Die Ehe
der Eintrachtstörung bei der die OO
Gegensätze tatsächlich bedeutsam sind, OO
und dennoch Ausgleich möglich wäre, OO
würden Klugheit und VertrauenOO
liebevoll versuchen, die Basis derOO
Vereinungsmöglichkeit zu finden, ‒ OO
und schließlich rede ich von einer TorOO
heit, der ihr Weltbild schon vernichtet OO
scheint, wenn um der Eintracht willen, OO
Weiß alsSchwarz” und SchwarzOO
alsWeiß” bezeichnet werden soll!
‒ ‒
Selbst wenn ganz unbestreitbar alles OO
Recht” auf deiner Seite ist, wirst OO
dennoch du versuchen müssen, einen OO
Ausgleich herzustellen, ‒ auch wenn OO
der Augenblick erfordert, daß du umOO
der Eintracht willen auf dein „Recht” OO
verzichtest, bis es der Andere ausOO
171 Die Ehe
freien Stücken dir dann später viel‐ OO
leicht zugesteht!
Betrachte, was dein eheliches Glück dir OO
gilt, und wäge dann den Wert derOO
Dinge, die es in Gefahr zu bringenOO
suchen! ‒
Dann wähle, was dir mehr am Herzen OO
liegt! ‒ ‒
Sehr selten wird es sich um Dinge OO
handeln, die so bedeutsam sind, daß OO
sie dich in Bereitschaft finden müssen, OO
selbst dein Eheglück zu opfern, wennOO
sie nicht in solcher Weise zwischen OO
euch Entscheidung finden, daß ihre OO
strenge Forderung auch im BestehenOO
deines Glücks erfüllbar bleibt. ‒
Zu allermeist wird eheliche Eintracht OO
nur gestört durch Streiten über Fragen, OO
die sehr wohl Antwort der verOO
172 Die Ehe
schiedensten Gestaltung finden OO
können...
Es kommt nur darauf an, daß du den OO
Anderen alsdann gewähren läßt, wie OO
er nun einmal will, und ruhig wartest, OO
bis er seinen Irrtum einsieht, oder OO
‒ ‒ bis du selbst erkennst, daß duOO
im Irrtum warst. ‒ ‒ ‒
So wird dann Harmonie erhalten und OO
euer Eheglück wird durch ein wenig OO
Selbstbeherrschung der Gefahr ent‐ OO
zogen.
Wille zur Einigkeit muß euch zurOO
unbedingten Forderung desOO
Glückes werden, und keiner beider OO
Teile darf sich dieser Forderung entOO
ziehen wollen!
173 Die Ehe
Es hängt zu viel von ihrer stetigenOO
Erfüllung ab! ‒ ‒
Bei jeder Möglichkeit, die zur EntOO
zweiung führen könnte, ‒ und sei es OO
auch Entzweiung nur für eine kurze OO
Stunde, ‒ müßt ihr euch klar zu machen OO
suchen, daß doch der Mensch vorOO
allen Dingen steht, so daß die Auf‐ OO
fassung der Dinge, die in Frage OO
kommt, doch wahrlich erst in zweiterOO
Linie der Beachtung würdig bleibt, wenn OO
sie nicht ganz und gar belanglosOO
wird, wo Menschenglück Beachtung OO
heischt!...
Ihr dürft auch nie vergessen, daß diese OO
Auffassung der Dinge, die euch heute OO
wichtig” scheinen will, zu einer OO
anderen Zeit ganz in BedeutungsOO
losigkeit versinken kann! ‒ ‒
174 Die Ehe
Vor allem aber lernt erkennen, daß OO
Gegensatz nicht aus der Welt zuOO
schaffen ist durch Streit! ‒ ‒ ‒
Auch dort, wo ihr empfindlich leidenOO
möget, weil euch plötzlich GegensätzeOO
zu Bewußtsein kamen, die als völligOO
unvereinbar gelten, werdet ihr mit OO
allem Streiten, allem ÜberzeugenOO
wollen nichts gewinnen! ‒ ‒
Ihr werdet euch nur selbst auf solche OO
Weise schließlich um die Möglichkeit zu OO
bringen wissen, eine Brücke aufzu‐ OO
richten, auf der ihr euch begegnenOO
und erneut vereinen könntet...
So manche Ehe wäre heute nicht zer‐ OO
stört, wenn man den Gegensatz, der zur OO
Zerstörung führte, einst in sich beOO
ruhen hätte lassen, ‒ der Zeit undOO
ihrer Ausgleichswirkung sich verOO
175 Die Ehe
trauend, ‒ statt sich in Kämpferstellung OO
aufzurecken und sein vermeintlichOO
oder wahres „gutes Recht” in Wort OO
und Tat zu suchen, ‒ Verletzung durchOO
Verletzung fordernd, ‒ bis das OO
letzte Fünklein Liebe sich in Haß ge‐ OO
wandelt hatte. ‒ ‒ ‒
Ihr aber, die ihr eure Ehe erst beOO
ginnen wollt, ‒ ihr habt die MachtOO
noch in den Händen, die so mancher OO
anderen Ehe längst verloren ging: ‒ OO
‒ die Macht, euch bitterste Enttäuschung OO
zu ersparen! ‒ ‒ ‒
So hütet euch denn vor dem erstenOO
Streit! ‒ ‒ ‒
Sobald ihr einmal nur im StreiteOO
euch begegnet seid, habt ihr schonOO
viel von eurer Macht verloren!
176 Die Ehe
Zwar mag der Streit durch eure LiebeOO
bald geschlichtet werden, aber in den OO
dunklen Schächten unbewußten Füh‐ OO
lens bleibt Erinnerung zurück, auch OO
wenn im Denken alles längst verOO
gessen wurde...
Bei jedem neuen Anlaß, der zum OO
Streite führen könnte, fühlt ihr euch OO
aus dem Unbewußten nun zur WiederOO
holung aufgefordert, und ihr erliegtOO
dem dunklen Raunen, ohne recht zu OO
wissen, wie euch das geschieht...
Wo einmal Streit war, will er immerOO
wiederkehren, wie sehr der Mensch OO
sich auch dagegen sträuben mag, ‒ OO
und stetig wird er neue Gründe auszu‐ OO
heben wissen, aus denen er gespenstig OO
sich beleben kann, wenn man ihn nicht OO
begräbt, noch während er versucht, OO
aufs neue zu erstehen! ‒ ‒ ‒
177 Die Ehe
Darum: ‒ solange ihr den ersten Streit OO
vermeiden könnt, strengt alle eureOO
Kräfte an und sucht ihn zu verOO
meiden! ‒ ‒ ‒
Es wird euch weitaus schwerer, OO
seine Wiederkehr ihm zu versagen, OO
als es euch schwer sein mag, ihm OO
seinen ersten Eintritt in das Leben OO
eurer Ehe zu verwehren!
Habt ihr ihm einmal Rechte zugeOO
standen, so wird er sie zu wahrenOO
wissen, ‒ und schließlich wird es euch OO
unmöglich scheinen, in eurer Ehe ohneOO
Streit zu leben...
Es gibt genugsam Menschen, die es OO
niemals fassen können, daß auch der OO
kleine Streit, der ihnen längst alltägOO
liche Gewohnheit wurde, aus einer OO
178 Die Ehe
Ehe zu verbannen ist, wenn beideOO
Teile ernstlich ihn verbannen wollen!
So, wie dem Fuchs der Fabel jene OO
Trauben „sauer” heißen, die er sich nicht OO
holen kann, so suchen sie nun sich OO
und anderen Eheleuten einzureden, daß OO
eine Ehe, die nur Eintracht kennt, für OO
sie ganz unerträglich wäre, und wohl OO
nur bei Menschen möglich werden könne, OO
die zu keiner resoluten LebensOO
äußerung befähigt seien...
So töricht solche Rede ist, so frevelOO
haft ist es, den Streit gleichsam alsOO
integrierenden Bestandteil eheOO
lichen Lebens aufzufassen!
Wie oft ward leider schon der kleinste, OO
halb aus Scherz geführte Streit, zum OO
ersten Anlaß ehelicher Auseinander‐ OO
179 Die Ehe
setzungen, die endlich alles Glück zerOO
rütten mußten! ‒ ‒
Wo solches aber möglich ist, da ist OO
fürwahr die Pflicht gegeben, alleOO
Kräfte aufzubieten, um die EintrachtOO
stetig in der Ehe zu erhalten! ‒ ‒ ‒ OO
Doch, auch das beste Wollen mag zu‐ OO
weilen unterliegen, wenn Affekt es OO
plötzlich rücklings überfällt...
Ist so der Streit hereingebrochen, OO
gleich einer Wasserflut, die ihre Dämme OO
brach und nun das blühende Gefilde OO
plötzlich in ein Schlammfeld wandelt, OO
dann muß es eure erste Sorge sein, OO
so bald als irgend möglich solchenOO
Zustand wieder aufzuheben, ‒ und OO
nie ist es zu früh, will man die alte OO
Ordnung wiederkehren sehen...
180 Die Ehe
Jetzt ist es mehr als sonst noch nötig, OO
daß ihr Beide guten Willens seid und OO
gegenseitig euch zu helfen sucht, OO
damit euch Harmonie in eurer Ehe OO
wiederkehre!
Nie darf es dazu kommen, daß der eineOO
Eheteil dem anderen weiter grollt, OO
auch wenn er dessen Absicht sieht, VerOO
söhnung anzubahnen!
Doch sollt ihr euch auch jetzt nicht vorOO
einander reinzuwaschen suchen, OO
ängstlich bestrebt, nur ja die liebe eigene OO
Eitelkeit vor Schaden zu bewahren!
Und noch viel weniger sollt ihr nun‐ OO
mehr beginnen, festzustellen, wen die OO
Schuld an dem Zerwürfnis trifft: ‒ wer OO
etwa mehr, wer nicht so sehr im UnOO
recht war!
Es ist töricht, und kann nur zu leicht zu OO
181 Die Ehe
neuem Streite führen, wenn ihr nunmehr OO
mit vielen Worten euch beweisen wollt: OO
‒ „warum” ‒ „weshalb” ‒ „wieOO
so” ‒ ihr euch vergessen konntet! OO
Stets sucht dann nur die Eitelkeit des OO
Einzelnen, ‒ und sei es auch nur völlig OO
unbewußt ‒ zu Wort zu kommen, und OO
will um jeden Preis verhüten, daßOO
sie bei dem Friedensschluß etwaOO
Terrain verliere”...
Oft ist der eine Eheteil schon längst OO
bereit, den Frieden anzubieten, und OO
nur die Furcht, durch Abweisung inOO
seiner Eitelkeit gekränkt zu werOO
den, hält ihn zurück, und läßt ihn nicht OO
zum ersten guten Worte kommen. ‒ ‒ OO
So steht ihr Beide euch dann gegenüber, OO
und keiner wagt, sich selbst zu überOO
182 Die Ehe
winden, ‒ keiner will „der ErsteOO
sein, der sich versöhnlich zeige...
In kindlich lächerlicher „Pädagogik”, OO
wollt ihr, die ihr euch eben noch so OO
unerzogen zeigtet, nun euch gegen‐ OO
seitig zu erziehen suchen, wobei ihr OO
ganz im Stillen hofft, erneuten Streit OO
am besten dadurch abzuhalten, daß OO
ihr euch jetzt, ‒ im Herzen längst ver‐ OO
zeihend, ‒ nach außenhin recht unOO
versöhnlich zeigt, da so der Andere OO
sehen könne, wie es schwer sei, nachOO
dem Streite wieder Frieden zu er‐ OO
langen...
Ihr solltet euch fürwahr ein wenig vor‐ OO
einander schämen, ‒ vielleicht, daß OO
dann die Scham euch schneller zu‐ OO
einander führen könnte! ‒ ‒
In eurer Art, Versöhnung zu ver‐ OO
183 Die Ehe
suchen, werdet ihr euch gegenseitig nur OO
stets weiter quälen und wenn kein OO
äußeres Geschehen euch zuhilfe OO
kommt, das euch zu zwingen weiß, OO
euch wieder zu vereinen, dann könnt OO
ihr tagelang so weiterschmollen, ohne OO
euch zu finden! ‒ ‒
Ihr kompliziert das ohnehin euch nicht OO
ganz einfach Scheinende in eurer VorOO
stellung nur immer mehr, und immerOO
schwerer wird es euch, NächstOO
liegendes zu tun, indem ihr gegen‐ OO
seitig eines jeden Mund, ‒ der dochOO
nicht weiß wie er die erste RedeOO
formen soll, ‒ mit einem resoluten, OO
heißen Kuß verschließen würdet...
Damit es aber niemals euch begegnen OO
kann, daß ihr wie trotzig-ungezogene OO
184 Die Ehe
Kinder aufeinander wartet: ‒ „WerOO
wird nun der Erste sein, der nachOO
gibt?” ‒ so will ich euch raten, daß ihr OO
gegenseitig euch in guten Tagen strengOO
gelobt, euch niemals abzuweisen, OO
wenn, nach einer Trübung eures Einver‐ OO
nehmens, der eine Eheteil den anderenOO
versöhnen will! ‒ ‒
Ihr sollt euch dabei feierlich verOO
pflichten, daß eure Aussöhnung auch OO
niemals durch die liebe EitelkeitOO
behindert werden darf, und daß derOO
Erste, der Versöhnungswillen zeigt, OO
nicht etwa fürchten muß, sich durch sein OO
Wiedernahenwollen als am meistenOO
schuldhaft zu bekennen! ‒ ‒
Ihr sollt euch weiter streng geloben, OO
daß nach erfolgter Aussöhnung, der OO
Grund” des beigelegten Streites nichtOO
mehr Gegenstand erklärender ErörOO
185 Die Ehe
terungen werden darf, und daß es nieOO
für einen von euch Beiden etwa „UnterOO
werfung” heißen soll, wenn er, alsOO
bald nach einem Zwist, dem anderenOO
Teile in Versöhnlichkeit zu nahenOO
sucht! ‒ ‒
Wenn es euch schon unmöglich wurde, OO
stete Eintracht zu erhalten, so wird OO
euch wenigstens nun das bestehendeOO
Gelöbnis helfen, Trotz und EitelOO
keit zu überwinden, wenn sie euch OO
hindern wollen, euch erneut in Eintracht OO
zu begegnen. ‒ ‒ ‒
Besser freilich ist es, ihr erzieht euch OO
gegenseitig durch das Beispiel und die OO
Tat, und gegenseitig wissend, daß ihr OO
euch dazu erziehen wollt: ‒ zum WilOO
len zur Einigkeit!
186 Die Ehe
Auch da muß aber alle Eitelkeit vonOO
vornherein beseitigt werden!
Es muß unmöglich sein, daß einer von OO
euch Beiden etwa „triumphiert”, weil OO
er den anderen in Schwäche sah, und OO
nur durch eigenes kluges Handeln OO
einen Streit vermied! ‒ ‒
Ihr sollt vielmehr, ‒ des Glückes einge‐ OO
denk, daß ihr euch helfen könnt, ‒ in OO
jedem Augenblicke eures Lebens euch OO
auch helfen wollen, ohne aber jemals OO
euch zu überheben, wenn ihr helfen OO
durftet! ‒
Der einen Streit vermeiden half, weil OO
er in kluger Weise „einzulenken”, ‒ OO
nachzugeben” wußte und nicht noch OO
Öl ins Feuer goß, darf sich wahrhaftig OO
seiner Kraft der Mäßigung erOO
freuen, ‒ allein, in gleicher Weise OO
187 Die Ehe
wird der andere Teil, der sich zurOO
Ruhe wenden ließ, auch wenn ihn OO
schon Erregung fassen wollte, sichOO
in Freude fühlen dürfen, weil es ihm OO
gelang, sich selbst erneut in eigeneOO
Gewalt zu bringen. ‒ ‒
Nur dann seid ihr in rechter Auffassung OO
der Dinge, wenn ihr euch gegenseitigOO
immerdar zu danken wißt, daß esOO
durch eurer Beider guten WillenOO
wieder möglich war, die GlücksgeOO
fahr zu bannen!
Es ist jedoch auch hier nicht gut, etwa OO
nachher davon zu sprechen, wie manOO
der Gefahr entronnen sei, ‒ woOO
sich der Fehler finde, der sie immer‐ OO
hin heraufbeschwor, und wer wohl OO
richtiger gehandelt habe...
Auch ohne jegliche Erwähnung weißOO
188 Die Ehe
der Teil, der sich vorher „vergessenOO
hatte, daß er fehlte.
Er wird dir sehr zu danken wissen, OO
wenn du es ihm allein nun überlassen OO
willst, in sich die rechte Art und Weise OO
aufzufinden, wie solches Fehlen künfOO
tig meidbar werden könne! ‒ ‒
Nichts aber rächt sich bitterer inOO
einer Ehe, als ein Zwang, sich geOO
genseitig voreinander zu erniedOO
rigen!
Demütigungen voreinander sind dasOO
fürchterlichste Gift für eine jede Ehe, OO
und nach Jahrzehnten noch kann die‐ OO
ses Gift zur Wirkung kommen! ‒ ‒ ‒ OO
Ihr sollt euch gegenseitig nur in EhrOO
furcht sehen wollen, und müßt ihrOO
euch zuweilen auch in euren SchwäOO
189 Die Ehe
chen sehen, so dürft ihr doch die EhrOO
furcht voreinander nicht verlieren! OO
Überseht, bewußt, die Schwächen, ‒ OO
redet nie davon, ‒ und zeigt einander OO
nicht, daß einer um des anderen Schwäche OO
weiß! ‒ ‒ ‒
Stärkt ständig gegenseitig euerOO
Selbstvertrauen, und lehrt euch, durch OO
die Art, wie ihr euch zu begegnen wißt, OO
die Achtung vor euch selbst! ‒ ‒ ‒
Verpflichtet euch, daß ihr allein das OO
Gute, Starke und Erfreuliche an euch OO
beachten, ‒ was fehlerhaft und OO
schwach ist, aber ignorieren wollt! OO
‒ ‒ ‒
In keinem menschlichen Verhältnis ist OO
es so verhängnisvoll, dem Neben‐ OO
menschen seine Fehler vorzuhalten, OO
als in einer Ehe...
190 Die Ehe
Was man sich in der Ehe gegenseitig OO
lehren kann, das muß für jeden beider OO
Teile aus dem eigenen Erleben reOO
sultieren!
Nie darf man etwa gegenseitig sich „beOO
lehren” wollen, so wie der LehrerOO
seinen Schüler lehrt! ‒ ‒ ‒
Es ist zu tief schon im GeschlechtlichenOO
begründet, daß jeder Teil vom anderen OO
nur in der denkbar schönsten FormOO
gesehen werden will, als daß ein stetes OO
Lehrenwollen, oder gar ein täppisch‐ OO
tölpelhaftes stetes Fehlerkorrigieren, OO
nicht die unheilvollsten Folgen haben OO
müßte, selbst wenn sich diese Folgen OO
nicht im Augenblicke zeigen! ‒ ‒ ‒ OO
Wie sollen in der körperlichen EinungOO
sich die Seelen einen können, wenn OO
stetig der Gedanke Störung schafft, daß OO
191 Die Ehe
hier nur körperlicher Trieb befriedigt OO
werden will, derweil dem anderen Teil OO
nichts recht an einem ist, ‒ es sei OO
denn eben dieser Leib, der sich mißOO
braucht fühlt, wird er nur zum SpielOO
ball der Begierde von dem Anderen OO
herabgewürdigt!? ‒ ‒ ‒
Kein Mensch ist ganz von allen Fehlern OO
frei, doch ist es nur naturbedingt, daß OO
er sie dort, wo er GeschlechtsvereiOO
nung sucht, von seinem Gegenpole OO
übersehen wissen will! ‒
So mancher Ehebruch ist nur begangen OO
worden, weil ein Mensch in seiner eige‐ OO
nen Ehe sich um seiner Mängel wilOO
len so gering geachtet wußte, daß es OO
ihm wie „Erlösung” schien, als er den OO
anderen Menschen außer seiner Ehe OO
fand, der ihn ‒ trotz seiner Mängel ‒ OO
schätzte, und ihn in jener Art zu OO
192 Die Ehe
sehen suchte, wie er selbst gesehenOO
werden wollte...
Gewiß ist hier zu sagen, daß das Leben OO
einer Ehe einen Menschen anders zeigt, OO
als er sich dort gibt, wo kein rechterOO
Anlaß ist, der seine Fehler offenbaren OO
könnte!
Allein: ‒ gerade so, wie er sich ohneOO
seine Fehler gibt, will jeder Mensch OO
von Anderen „genommen” werden... OO
Da es nun in der Ehe aber unvermeidOO
bar bleibt, daß man sich auch in seinenOO
Fehlern kennenlernt, so ist da nur zu OO
helfen, wenn man gegenseitig sichOO
verpflichtet, daß man mit aller AbOO
sicht seine Fehler übersehen will. OO
‒ ‒ ‒
So nur wird man sich vieles Leid erOO
193 Die Ehe
sparen und sich gegenseitig wirklich OO
Glück ins Leben bringen!
Versteht ihr, was es heißen will, ein OO
Glück der Einheit als ein Glück zuOO
Zweien in der innigsten VereinungOO
aufzurichten, dann wird es euch gewiß OO
gelingen, eure Ehe rein zu halten vonOO
Verärgerung und Zwist!
Ihr werdet jeglicher Gefahr begegnenOO
können, wenn ihr nur euch vereinigt OO
wißt im Willen zur Einigkeit! ‒
Auch hier wird bloßer „Wunsch” nur OO
wenig helfen können!
Es wird nur selten Menschen geben, die OO
nicht „wünschen” würden, Einigkeit in OO
ihrer Ehe zu erhalten...
Wenn es nun trotzdem so viel StreitOO
194 Die Ehe
und Zank in manchen Ehen gibt, und OO
auch die scheinbar „guten” Ehen sich OO
noch Überfluß an Leid durch manche OO
Trübung ehelichen Einvernehmens schaf‐ OO
fen, so ist das daran nur gelegen, daß OO
der Wille mangelt! ‒ ‒ ‒
Meist ist man solchen Mangels nichtOO
bewußt, da man den „Wunsch” schon OO
für den Willen hält...
Wille zur Einigkeit lebt aber nicht, wie OO
jeder bloße „Wunsch”, nur aus der OO
Hoffnung, daß vielleicht gelingen OO
möge, was man wünscht!
Wille zur Einigkeit ist unverbrüchliche OO
Gewißheit, daß man Einigkeit erhal‐ OO
ten kann und Einigkeit erhalten wird! OO
‒ ‒ ‒
Wille zur Einigkeit kennt keineOO
Grenze des Vertrauens zu sichOO
195 Die Ehe
selbst, und weiß sich unbesiegbarOO
auch wenn ständig ihn Gefahr um‐ OO
droht! ‒ ‒ ‒
Von solchem Willen aber, ‒ nicht von OO
„Wünschen” hängt es ab, ob eurer Ehe OO
stete Einigkeit erhalten bleibt! ‒
So werdet ihr euch nun entschließen OO
müssen, diesen Willen aus dem „Wun‐ OO
sche” zu erwecken und ihn stetig in OO
euch wach zu halten! ‒ ‒ ‒
Seid ihr im wahren Willen zur EinigOO
keit, dann wird Zwietracht eure Ehe OO
nicht erreichen können!
Nichts wird euch gleichen Wertes dün‐ OO
ken, wie euer Glück, das nur errichtet OO
werden kann, wenn Eintracht in der Ehe OO
unverletzlich bleibt! ‒ ‒ ‒
Dann aber wird die Liebe erst in eurer OO
196 Die Ehe
Ehe die Erfüllung finden, die sie in OO
jeder Ehe finden sollte!
Dann ist die Liebe eurer Ehe wahrlich OO
stärker als der Tod”, und bleibtOO
bestehen, wenn auch dieses ErdOO
balls Trümmer längst im Raum zuOO
Weltenstaub zermahlen wurden! ‒ OO
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ OO
*          *
*
197 Die Ehe
ACHTES KAPITEL
VON DER
VERERBUNG DES GLÜCKS
WO jemals hier auf Erden GlückOO
erstand, da mehrte es die Glückes‐ OO
Möglichkeiten dieser Erde noch fürOO
fernste Generationen!
Glück aber läßt sich in gewissem Sinne OO
auch „vererben”, und wie sich erdenOO
hafter Reichtum fortvererben läßt auf OO
Kind und Kindeskinder, so kann ein OO
Elternhaus sein Glück: ‒ das GlückOO
der wahren Ehe, allem was aus ihm OO
hervorgeht, hinterlassen...
‒ Von seinen frühesten Tagen an wird OO
es dem Kinde einer Ehe fühlbarOO
werden, ob seiner Eltern Lebensbund OO
mit Glück gesegnet ist, wie es auch OO
fühlen muß, ob Hader und ZerwürfOO
nis beide Menschen trennt, die ihm sein OO
erdenhaftes Leben gaben. ‒ ‒
Wohl kommt es dem Kinde noch nicht OO
201 Die Ehe
zu Bewußtsein, was es fühlt, und doch OO
ist es, ‒ noch nicht imstande, sein OO
Empfinden sich zu deuten, ‒ geOO
zwungen, jede Schwingung aufOO
zunehmen, die aus dem Blute dererOO
kommt, die sich in ihm auf ErdenOO
irdisch weiterzeugten...
Man weiß sehr wohl, daß sich im Blute OO
Kraft wie Krankheit fortvererben: ‒ OO
Begabung und Talent, wie stumpfes OO
Unvermögen, allein man ahnt zur Zeit OO
noch nicht, daß Blut Aussender undOO
Empfänger feinster Strahlen ist, für OO
die das Instrument, das sie bezeugenOO
könnte, noch nicht erfunden wurde, ‒ OO
vielleicht auch nie erfunden werden OO
kann. ‒ ‒
So weiß man denn auch nicht, daßOO
dieser Strahlen SchwingungsartOO
202 Die Ehe
bestimmt wird durch das ElternOO
paar, ‒ durch Zeit und Ort der väter‐ OO
lichen Zeugung, wie der mütterlichen OO
Schwangerschaft, ‒ und daß natur‐ OO
gegebene Verbindung zwischen Kind OO
und Eltern bleibt, solange dieser Eltern OO
Erdenleben währt. ‒ ‒ ‒
Man weiß nicht, daß hier steterOO
Schwingungsaustausch wirkt, durch OO
den der Vater unbewußt des Kindes OO
Seele formt, die Mutter aber nochOO
weit stärker dieser Seele Formung OO
mitbestimmt vom ersten Tage an. ‒ ‒ OO
Auch wenn das Kind erwachsen ist, OO
bleibt dieser Schwingungsaustausch stets OO
bestehen, mag ihm dann auch des OO
Kindes Eigenleben stärkere VerdränOO
gung schaffen, oder mag er nach wie OO
vor in gleicher Weise aufgenommenOO
werden. ‒
203 Die Ehe
Nur dann ist eine Art der TrennungOO
hier bewirkbar, wenn das Kind bewußt, OO
durch eine neue intensive Einstellung OO
des Fühlens, sich einem anderen Men‐ OO
schen durch die Strahlungen des Blutes OO
zu verbinden sucht.
Dann wird der Austausch zwischen Kind OO
und Eltern zwar nicht völlig aufOO
gehoben, jedoch in seiner WirkungOO
ausgelöscht.
Doch kann er jederzeit erneut in Wir‐ OO
kung treten, durch bloße Willens-Ein‐ OO
stellung. ‒
Von diesen Dingen wußten immer nur OO
sehr Wenige auf Erden, obwohl auch OO
Andere sie erahnten, so daß man von OO
dem „Band des Blutes” sprach, und OO
Blutsfreundschaft” besiegelt wähnte, OO
204 Die Ehe
wenn zwei Menschen sich zusammen‐ OO
fanden und symbolisch Tropfen ihres OO
Blutes mischten...
Soll ich hier aber geben, was zu geben OO
ist, so muß ich das Bestehen dieser OO
Strahlungen des Blutes vorerst zur OO
Erwähnung bringen, da auf ihnen jene OO
Möglichkeit beruht, das Kind vom ersten OO
Tage seines Daseins an zur GlücksOO
gestaltung anzuregen, wie auch, der OO
Kindesseele Kräfte umzukehren, so OO
daß sie dann in seinem ganzen Leben OO
triebhaft alles aufzusuchen streben, was OO
dem Kinde Unheil bringen muß. ‒ ‒ ‒ OO
Sobald das Kind ins Dasein tritt, wird OO
einer Ehe neue unerhörte Pflicht er‐ OO
wachsen, durch Verantwortung fürOO
neues Leben, dem man Glück nur dann OO
205 Die Ehe
vererben” kann, wenn man sichOO
selber Glück zu schaffen wußte...
Während irdischer Besitz dem über‐ OO
lebenden Geschlechte aber dann erst OO
Erbe” werden mag, wenn die Voran‐ OO
gegangenen von dieser Erde scheiden, OO
wird Glück und Unglück schon vomOO
Mutterleibe hervererbt”. ‒ ‒
Und stets wird dieses Erbe dann verOO
mehrt, und auch vermindert werden OO
können, bis an der Eltern Lebensende OO
auf der Erde...
Ausschlaggebend aber bleibt, was inOO
der Kinderzeit dem neuen Leben dar‐ OO
geboten wurde!
Zwar kann das Kind auch später gegenOO
dieses Erbe kämpfen, ‒ mag es OO
sein Glückeserbe nicht zu schätzenOO
wissen, oder sich aus seinem Unheils‐ OO
206 Die Ehe
erbe lösen wollen, ‒ allein, was ihm OO
die Eltern in der Kinderzeit „vererb‐ OO
ten”, wird niemals gänzlich zu verOO
nichten sein, ‒ ‒ wie mancher dank‐ OO
bar anerkennen wird, der sich seinOO
Glück zu schaffen wußte auf demOO
Unterbau, den ihm das ElternhausOO
bereitet hatte, und was auch leider OO
mancher täglich neu bestätigt findet, derOO
schwer zu kämpfen hat, um sichOO
von seinem Unheilserbe zu beOO
freien. ‒ ‒ ‒
Ich muß jedoch ausdrücklich hier beto‐ OO
nen, daß ich noch immer von dem „ErbeOO
rede, das durch des Blutes StrahlungOO
jedem Kinde mitgegeben wird, und daß OO
es sich dabei um weitaus WichtigeresOO
und Bedeutenderes handelt, alsOO
alles darstellt, was durch äußere ErOO
207 Die Ehe
ziehung dargeboten werden kann! OO
‒ ‒ ‒
Wo eine Ehe sich ihr eigenes Glück OO
noch nicht zu schaffen wußte, dort ist OO
das Kind sehr in Gefahr, durch Strahlun‐ OO
gen geformt zu werden in der Seele, die OO
aus dem Blute noch sehr schwankenOO
der und disharmonischer Erzeuger OO
kommen, so daß es dann ein „ErbeOO
mit durchs Leben schleppen muß, dasOO
ihm wahrhaftig nicht viel SegenOO
bringen kann...
Nicht unbekannt ist vielen Ehepaaren, OO
die arm an äußeren Gütern sind, die OO
Sorge, ob sie auch ein Kind ernährenOO
könnten, ‒ und manches neue Leben OO
muß durch solche Sorge seiner Zeuger OO
schon im Mutterleib erfahren, daß es OO
unerwünscht ins Dasein treten wird.
208 Die Ehe
Viel wichtiger jedoch als diese Eltern‐ OO
sorge, die ja doch dann meistens irgend‐ OO
wie noch zu beheben ist, muß stets OO
die Sorge bleiben um das Glückeserbe, OO
das man seinem Kinde darzubieten hat. OO
‒ ‒ ‒
Doch ist auch diese Sorge weitaus OO
leichter aus der Welt zu schaffen, OO
wenn man nur selbst sich zur Erkenntnis OO
durchzuringen weiß, daß man verOO
pflichtet ist, sein Eheglück sich zu ge‐ OO
stalten, wodurch man dann auch seinem OO
Kinde Glück „vererben” kann. ‒ ‒
Wie aber Eheglück zu schaffen ist, das OO
wurde hier in mannigfacher Weise OO
wahrlich schon genugsam dargelegt. OO
‒ ‒
Zwar weiß ich nur zu gut, daß dieses OO
209 Die Ehe
Buch nicht all' die tausendfältigenOO
Gegebenheiten in Betrachtung zieOO
hen kann, die da im Einzelfall von OO
denen, die es angeht, weise zu beachten OO
sind, ‒ doch sind hier alle EinzelfälleOO
durchaus einbezogen, so daß sich jede OO
Ehe das, was ihren Sonderfall betrifft, OO
leicht aus des Buches Worten abzuleiten OO
wissen wird...
Ich aber weiß auch, daß es mir unmögOO
lich bleibt, durch Worte der Belehrung OO
nun auf einmal allen Ehen, die bisherOO
ihr Glück versäumten, ohne ZutunOO
der zunächst Beteiligten, das großeOO
Glück zu bringen. ‒
Bei keiner menschlichen Beziehung hier OO
auf Erden läßt sich von außenher soOO
wenig helfen, Glück zu schaffen, als OO
bei der Ehe!
210 Die Ehe
Hier finden die nur Hilfe, die sich lehren OO
lassen wollen, wie sie selbst sich helOO
fen können! ‒ ‒ ‒
Ihnen nur ist dieses Buch gewidmet!
Wo wahres Eheglück besteht, dort OO
wird das Kind der Ehe aber nicht nur OO
jenes Glückeserbe mitbekommen, das OO
aus dem Blut der Eltern auf das neue OO
Leben überstrahlt und seinem Blute OO
Rat und Richtung gibt, sondern solches OO
Erbe wird auch Zuwachs finden in dem OO
Außenleben eines Elternhauses. ‒
So wie das Wort nur dann „erzieht”, OO
wenn es durch Beispiel die BestätiOO
gung empfängt, so wird, was GutesOO
aus dem Blute überstrahlt, verdoppeltOO
wirken, wenn das Elternhaus in dem ein OO
Kind heranwächst und in dem es selbst OO
211 Die Ehe
als mitbeteiligt sich erlebt, von GlückOO
und Frieden zeugt und ihm den Ein‐ OO
druck in die Seele prägt, daß eine anOO
dere Art zu leben, als sie hier sichOO
auswirkt, gar nicht möglich sei. OO
‒ ‒
Mag auch dann später arges Ungemach OO
in eines solchen Kindes Leben treten, so OO
wird es dennoch über dem Geschehen OO
stehen, denn, was das Elternhaus ihm OO
mitgegeben hat, bleibt starker Halt, OO
auch dann, wenn alles Andere wankt! OO
Wer da aus eigener Erfahrung aus dem OO
Elternhause her noch weiß, wie reich die OO
Glückes-Möglichkeiten dieses Erden‐ OO
lebens sind, der wird dem Leben nieOO
mals fluchen können, auch wenn, ‒ OO
verschuldet, oder unverschuldet, ‒ bitOO
teres Leid durch Andere ihm widerOO
fahren mag! ‒
212 Die Ehe
Er findet in sich selbst die Kraft zumOO
Neubeginn, und wird sich, ‒ selbst OO
aus Trümmern noch, ‒ sein neuesOO
Glück zu schaffen wissen! ‒ ‒ ‒
Alles Glückeserbe trägt ja dadurch in OO
sich selbst den hohen Wert, daß es den OO
„Erben” lehrt, sein eigenes Glück zuOO
schaffen! ‒ ‒
Es ist einErbe”, das man nur geOO
nießt, indem man es benützt zu eigeOO
nem Wirken! ‒ ‒ ‒
Vergeblich suchen die nach Glück, die OO
immerfort nach neuen Wegen Ausschau OO
halten, auf denen sie ihm wohl begegOO
nen könnten! ‒
Vergeblich wird man auch das Glück OO
erwarten, so als ob es eines Tages OO
213 Die Ehe
kommen müsse, weil man ein Recht zu OO
haben glaubt auf Glück! ‒ ‒
Man hat kein „Recht” auf Glück, ‒ wohl OO
aber hat ein jeder Mensch die Pflicht, OO
sein Glück zu schaffen, was schon das OO
Volkswort ahnt, wenn es von einem, OO
den es „glücklich” nennt, zu sagen weiß: OO
Er hat sein Glück „gemacht”! ‒ ‒ ‒
Nirgends wird man wahres GlückOO
auf Erden finden, ‒ es sei denn, OO
daß es einer sich geschaffen hätte! OO
‒ ‒ ‒ OO
Auch jenes Glückeserbe, das dem KindeOO
durch die Eltern werden kann, muß OO
erst geschaffen werden von den ElOO
tern! ‒ ‒
Es wird erst dann dem Kinde wirkenOO
der Besitz, wenn sich das Kind, bereits OO
herangewachsen, nicht mehr nur an sei‐ OO
214 Die Ehe
nem Glückeserbe freut, sondern er‐ OO
kennt, daß ihm nun Pflicht erwächst, OO
sein Erbe zu gebrauchen, und auf ihm OO
sein eigenes Glück sich zu erbauen. OO
‒ ‒
Die aber werden es am besten bauen OO
lernen, die schon im Elternhause mitOO
erlebten, wie ein Glück sich auferOO
bauen läßt...
Die werden nie die Kraft verlieren, OO
neues Glück zu schaffen, auf die in ihrer OO
Jugend einst die Kraft von Eltern über‐ OO
strömte, die da selbst das Glück zuOO
schaffen wußten! ‒ ‒ ‒
So wird das Glück der guten Ehe noch OO
auf Kindeskinder überströmen, und OO
immer wieder neue Glückesmöglichkeit OO
erzeugen!
215 Die Ehe
Selig die Ehe, die auf solche Art zu OO
einem Schatzhaus wird, das seinen OO
Glückesreichtum nie vermindert sieht, OO
wie überreich er sich auch in die Welt OO
ergießen mag!
‒ Und alles, was man sonst auf dieser OO
Erde finden kann, bleibt nur ein kleiOO
nes neben jenem Glück, das in der EheOO
aufgerichtet werden soll! ‒
Was hier auf Erden sonst noch als be‐ OO
gehrenswert erscheint, ist selten in des OO
Menschen freie Macht gegeben.
Stets zeigt es sich bedingt durchOO
Außendinge: ‒ kann durch AndereOO
behindert und vernichtet werden!
Das wahre Glück der Ehe aber ist im OO
inneren Leben nur zu gründen, und OO
ward es da auf festen Fundamenten aufOO
erbaut, dann kann nichts ÄußeresOO
216 Die Ehe
es jemals mehr zerstören, ‒ ja selbst OO
den Erden-Tod wird es zu überOO
dauern wissen, wollen die es sich erOO
halten sehen, die es sich einst schufen! OO
‒ ‒ ‒
So aber wird auch eines KindesOO
Glückeserbe aus der guten Ehe seiOO
ner Eltern tief verankert sein im inOO
neren Leben, und keine Macht der Erde OO
wird dem Kinde je sein „Erbe” raubenOO
können, das ihm erhalten bleibt, selbst OO
in der Ewigkeit! ‒ ‒ ‒
*          *
*
217 Die Ehe
NEUNTES KAPITEL
VON
EWIGER VERBUNDENHEIT
ALLES Glücksverlangen, das hin‐OO
aufreicht über niederes irdisches OO
Begehren, ist nur Sehnsucht nach VerOO
einigung der Geister in dem Geistes‐ OO
Urgrund, der sie ewig zeugt, und ewig OO
sie aus sich entläßt, um ewig wieder OO
sie in sich zurückzunehmen...
Noch aber ist der Menschengeist der OO
Erde Irdischem verhaftet, das dort, wo OO
seine Sehnsucht Einung will, nur TrenOO
nung schafft. ‒ ‒
Freundschaft entsteht, und sucht die OO
Trennung aufzuheben, ‒ aber siehe: OO
‒ Freund und Freund verbleiben den‐ OO
noch Einer nur und Einer, die sich beide OO
nie im Innersten zu Einheit ineinander‐ OO
schmelzen können! ‒ ‒
Nur die Ehe, die das Männliche demOO
221 Die Ehe
Weiblichen vereint, schafft wirklichOO
eine neue Einheit! ‒ ‒ ‒
Hier ist nun Mensch und Mensch zu OO
übererdenhaftem Ganzen neu ver‐ OO
schmolzen, so wie einst beide vor dem OO
„Fall” in irdische Erscheinungswelt ver‐ OO
einigt waren! ‒ ‒ ‒
Mag das auch den Vereinten nur in selOO
tenen hohen Fällen zu Bewußtsein OO
kommen, so ändert dies nicht, daß die OO
Einung nun erneut im gleichen UrOO
grund allen Seins Ereignis wurde, OO
in dem sie einstmals urgegebenes Er‐ OO
eignis war. ‒ ‒ ‒
Das Allerwenigste von dem, was OO
wirklich ist, wird Menschen je „beOO
wußt”, und was im Un-Bewußten, OO
Un-Gewußten bleibt, ist dennoch fürOO
den Menschen mehr bestimmend, OO
222 Die Ehe
als alles was ihm zu BewußtseinOO
kommt. ‒ ‒ ‒
Sobald auf dieser Erde Mann undOO
Weib sich gegenseitig angeloben, ‒ OO
im festen Willen, ihr Gelöbnis immerOO
dar bis an das Ende ihres ErdenOO
daseins aufrecht zu erhalten, ‒ er‐ OO
steht im wesenhaften Geiste eine neue OO
Einheit: der Form nach völlig jenerOO
Einheit gleich, in der einst jeder dieser OO
beiden, auf der Erde nun geeinten Men‐ OO
schengeister, im Geistigen mit seinem OO
urgegebenen Gegenpol vereinigt war. OO
Für diese Erdenzeit ist stets der leibOO
lich sichtbare, dem anderen Teile eheOO
lich verbundene Gegenpol, allein in OO
Wirksamkeit, ganz einerlei, ob esOO
sich, ‒ wie in äußerst seltenen Fällen, OO
223 Die Ehe
wirklich um zwei Pole handelt, OO
die dermaleinst vereint gewesenOO
waren und in der Zeiten Fülle wieOO
der sich für alle Ewigkeit vereinenOO
werden, oder um zwei urgegebenOO
fremde” Pole! ‒ ‒ ‒
Jeder Eheteil hat darum nur in dem ihm OO
hier auf Erden angelobten anderenOO
Eheteile seinen ihm vereinten GeOO
genpol zu sehen, da während dieOO
ser Erdenzeit kein anderer sich ihmOO
einen kann...
Nur mit ihm hat er die Geistes-EinOO
heit aufgerichtet, von der allhier die OO
Rede ist, und niemals weiß hier auchOO
der Weiseste mit aller Sicherheit, OO
ob dieser, für die ErdenlebenszeitOO
vereinte Gegenpol ihm nicht auch OO
ewig als sein urgegebener Er-gänOO
224 Die Ehe
zungsteil verbunden bleiben wird. OO
‒ ‒ ‒
Nur ganz bestimmte geistige ErfahOO
rungsfähigkeit kann da zuweilen, ‒ OO
wenn auch nicht ganz leicht, ‒ denOO
Schleier lüften...
Um aber keiner Frage Raum zu lassen, OO
muß ich hier erwähnen, daß auch dort, OO
wo sicherste Gewähr besteht, daßOO
zwei im Urzustand einst in VereiOO
nung geistgezeugte Gegenpole sich OO
als Erden-Menschen hier begegnet sind, OO
‒ die neue Einheitsform von der ich OO
rede, nur dann zu schaffen ist, wennOO
diese beiden Erdenmenschen sich inOO
einer wahren Ehe hier für diesesOO
Erdenleben einen. ‒ ‒ ‒
Es ist diese „Einheitsform” eine gei‐ OO
stige Gestaltung, die gleichsam latent, OO
225 Die Ehe
im Geiste stets als Möglichkeit gegeOO
ben ist, doch aber nur, wenn EheOO
wille sie erneut „erregt”, zur SeinsOO
wirkung gelangt, wonach sie dann OO
bestehen bleibt, solange dieser Ehe‐ OO
Wille sich erhält. ‒ ‒
Erlischt er durch den Tod des ErdenOO
körpers eines beider Eheteile, oder OO
durch die Lösung einer Ehe, so tritt OO
auch diese Einheitsform nun in LatenzOO
zurück, um stetig wieder neu zurOO
Seinswirkung zu kommen, wo OO
immer neuer, anderer Ehe-Wille sie OO
„erregt”. ‒ ‒ ‒
Man wähne nicht, im Ewigen seiOO
solches Werden und Vergehen, VerOO
sinken und dann wieder AuferstehenOO
bestimmter Formen doch „unmöglich”, OO
226 Die Ehe
da Ewiges doch keinen „Anfang” und OO
kein „Ende” dulde! ‒
Hier tat der menschliche Verstand dem OO
Menschen wahrlich schlechten Dienst, OO
wenn er ihn zu verleiten wußte, sich nach OO
seinen, nur im Irdischen begründeten OO
Gesetzen, ein Bild des Ewigen zu OO
konstruieren!...
Da hier auf dieser Erde, wie im gan‐ OO
zen sichtbarlichen Kosmos, alles, was da OO
Anfang” nimmt, auch „Ende” finden OO
wird, ‒ da hier, was sich aus „Ele‐ OO
menten” einst zusammenfügte, auch OO
unerbittlich wieder auseinanderfallenOO
muß, ‒ so glaubt der irdische Verstand OO
sich sehr berechtigt zu dem billigen OO
Schluß: ‒ daß Ewiges dann nur imOO
Gegensatz zum Irdischen bestehen OO
könne, ‒ ‒ falls es überhaupt bestehe. OO
227 Die Ehe
Und die in solcher Weise klügelnd kal‐ OO
kulieren, ‒ ihrer „Weisheit” froh, die OO
sie in unerschütterbaren „DenkgeOO
setzen” felsenfest gegründet wähnen, OO
‒ ahnen nicht, daß sie mit einemOO
Maße messen, das im Ewigen nichtOO
existiert, da nur der wesenloseOO
Schein gewisser Denkvorgänge ihm OO
den Schein des Daseins schenkt. OO
‒ ‒ ‒
Mag es für irdisch-menschliche Gehirne OO
aber auch als völlig „unbegreifbarOO
gelten, so bleibt doch Ewigkeit, ‒ und OO
„Ewigkeit” ist nur das Sein des weOO
senhaften Geistes ‒ anfang- und OO
endlos immerdar nur Sein als stetsOO
bewegtes Leben, von dem das OO
„Leben” dieser Erdenwelt, wie alles OO
physisch-kosmische Geschehen, nur ferOO
ner, letzter Abglanz ist, getrübtOO
228 Die Ehe
durch der „Materie” rauhen, dunklen OO
Spiegel. ‒ ‒ ‒
In wesenhafter Ewigkeit, ‒ im reinen OO
Geiste, ‒ ist die Ehe zweier Erden‐ OO
menschen nur allein begründet! ‒ ‒ ‒ OO
Wäre diese letztliche Begründung nichtOO
gegeben, dann wäre füglich nicht von OO
Ehe” mehr zu reden, sondern nur von OO
der Verbindung der Geschlechter: ausOO
eigenem Wohlgefallen aneinander, OO
und, um dieser Erdenmenschheit NachOO
wuchs zu erzeugen...
Dann bliebe freilich alles Miteinander‐ OO
leben der Geschlechter auch am besten OO
freier Willkür überlassen, ‒ nur dort OO
etwa noch eingedämmt, wo Dämme auf‐ OO
zuwerfen wären um der GesamtheitOO
Wohl nicht zu gefährden. ‒
229 Die Ehe
Nun aber ist es Erdenmenschen mögOO
lich, in männlich weiblicher Verschmel‐ OO
zung einen Tempel aufzurichten, der OO
bis ins Innerste der Gottheit ragt! OO
‒ ‒ ‒
Mann und Weib und Weib undOO
Mann, reichen an die Gottheit anOO
‒ singt Weisheit wie aus Kindermund OO
in einem Texte, den ein naiver „Wissen‐ OO
der” dem größten Künstlergenius seiner OO
Zeit zur Tongestaltung bot. ‒ ‒ ‒
Im reinen Geiste wird die Ehe zweier OO
Erdenmenschen geistiges Geschehen! OO
Auf solche Art, und nicht etwa durch OO
Priesterwort, noch weniger gar durch die OO
Anerkennung staatlicher Behörden, die OO
allein der Ordnung irdischen Geschehens OO
230 Die Ehe
dient, empfängt die Ehe ihre hohe OO
Weihe in der Ewigkeit! ‒ ‒ ‒
Dunkles Ahnen dieses wirklichen Ver‐ OO
bundenwerdens in der Ewigkeit, spricht OO
Volksweisheit im Sprichwort aus, wenn OO
sie zu sagen weiß, daß „Ehen im HimOO
mel geschlossen” würden...
Und selbst die machtbewußte KircheOO
Roms hat längst entschieden, daß dasOO
Versprechen zwischen Mann undOO
Weib, einander bis zum Tode in derOO
Ehe zu gehören, an sich bereits dieOO
Ehe schließt, und daß der Weiheakt OO
des Priesters nur die so geschlosseneOO
Ehe segnen könne, ‒ ‒ auch wenn OO
man es geflissentlich vermeidet, diese, OO
nach dem Dogma durch denheiligenOO
Geistgegebene, Konzilsentscheidung OO
allem Volk bekanntzugeben. ‒ ‒
231 Die Ehe
Noch wirkt die alte Weisheit Wissender OO
auch dort sich aus, wo man denOO
Schlüssel längst verloren hat, der OO
heutigen und kommenden Geschlechtern OO
uralt hehre Tabernakel öffnenOO
könnte...
Doch auch im innersten Gefühl des OO
Menschen, der die Ehe kennt, wieOO
sie Gestaltung hier auf Erden findenOO
soll, wird leise zu ertasten sein, daß OO
ein Mysterium in der wahren Ehe sich OO
erfüllt, ‒ ‒ auch wenn man nicht die OO
letzte Wirklichkeit erschaut, die strah‐ OO
lend über jeder wahren Ehe auf zum OO
Himmel ragt. ‒ ‒ ‒
Diese Wirklichkeit jedoch wird jedes OO
Ehepaar allmählich mehr und mehr erOO
fühlen lernen müssen, wenn es er‐ OO
232 Die Ehe
kennen will, daß es im Ewigen verOO
bunden ist. ‒ ‒ ‒
Im Irdischen herrscht Auswirkung des OO
kosmischen, unbeugsamen Gesetzes, OO
und Liebe kann hier nur begrenzt ins OO
Dasein wirken. ‒
Was man auf Erden „Liebe” nennt, ist OO
nur ein schwacher Wiederschein derOO
Liebe, die des Geistes Ewigkeit imOO
Sein durchflutet: ‒ der Liebe, die inOO
Gott und Gottes Leben ist, ‒ die alles OO
was das kosmische Gesetz erstrebt und OO
nie erreichen kann, erst zur ErfüllungOO
bringt! ‒ ‒ ‒
Ihr wirkungsvollster Wiederschein OO
auf Erden wird Erlebnis in der wahren OO
Ehe!
Ihn zu erleben und erlebend zu empOO
233 Die Ehe
finden, ist der Ehe höchstes, ihr alleinOO
nur vorbehaltenes Glück! ‒ ‒ ‒
Wo immer dieser reinste Wiederschein OO
der Liebe, die da Gottes Leben ist, in OO
Einheit geistigkörperlicher Ineinander‐ OO
schmelzung zum Erlebnis wird, dort OO
hat das Reich des wesenhaften GeiOO
stes sich dem Irdischen verbunden, OO
‒ und ‒ wie einst alle Menschen‐ OO
geister sich in Liebe einen werden in OO
der Ewigkeit, so wurden Mann undOO
Weib, die solches heiligste ErlebenOO
kennen, hier auf Erden schon geOO
eint. ‒ ‒ ‒
Wo aber diese Geistereinigung ein‐ OO
mal besteht, dort wird sie auch nichtOO
aufgehoben, wenn in der EwigkeitOO
dereinst sich jene urgegebenen PoleOO
234 Die Ehe
wiederfinden, die hier getrennt und OO
meist nicht umeinander wissend, im OO
Menschentieresleibe über diese Erde OO
schreiten. ‒ ‒ ‒
Im Geistigen durchdringt das EinOO
zelne sich gegenseitig, und so auch OO
lebt der Geistesmensch, der in Vereini‐ OO
gung mit seinem Gegenpol den urgege‐ OO
benen Zustand seines Seins zurück‐ OO
errungen hat, in gegenseitiger DurchOO
dringung aller anderen erneut GeOO
einten. ‒ ‒ ‒
Es ist nicht etwa so, daß eine Ehe, die OO
sich hier auf Erden in der höchsten OO
Glücksvollendung fand, obwohl die OO
beiden Eheteile keineswegs etwaOO
auch urgegebene Einheitspole waOO
ren, nun in der Geisteswelt durch un‐ OO
gewollte Trennung leiden könnte!
235 Die Ehe
Nur, was getrennt sein will, ist dort ge‐ OO
trennt, und schon der Wille eines Teils OO
genügt, um solche Trennung zu bewir‐ OO
ken, bis einst beide Teile auf der glei‐ OO
chen höchsten Stufe stehen, auf der es OO
keinen Trennungs-Willen gibt...
Auf jenen niederen Stufen geistig‐ OO
wachen Seins jedoch, die nach dem „Tode” OO
dieses Erdenkörpers erst durchschritten OO
werden müssen, herrscht in gleicher OO
Weise Trennungs-, wie VereinungsOO
wille. ‒
Wenn aber Trennungswille wirksam OO
ist, durchdringt das Einzelne einander OO
ohne gegenseitig seiner GegenwartOO
bewußt zu sein, wogegen der VerOO
einungswille gegenseitiges ErlebenOO
im Durchdringen schafft, das über jedeOO
erdenhafte Vorstellung erhaben ist, OO
236 Die Ehe
und sich in Worten niemals schildern OO
lassen würde. ‒ ‒ ‒
Schwacher Abglanz solchen geistigen OO
Erlebens mag sich noch erahnen lassen OO
in der Vorstellung, als könne man hier OO
auf der Erde seinen Erdenleib verlassen, OO
um in dem geliebten Menschen, ‒ mehrOO
noch als ihm selbst je zu BewußtOO
sein käme, ‒ jegliche körperliche, OO
jede Seelenregung intensiv undOO
klarbewußt mitzuempfinden...
Höchstes Sehnen aller wahrhaftOO
Liebenden auf dieser Erde findet soOO
im Geistes-Sein Erfüllung! ‒ ‒ ‒ OO
Es ist die wahre Ehe wahrlich niemalsOO
lösbar, und auch in aller EwigkeitOO
wird sie bestehen bleiben!
237 Die Ehe
Jedoch ist sie auch keineswegs in einem OO
Menschenleben auf der Erde einmalOO
nur erlebbar!
Wo „Tod” die irdische Verbindung schei‐ OO
det, dort kann der Überlebende sehr OO
wohl auch eine neue Ehe schließen, und OO
somit eine neue Einigung im GeisteOO
schaffen, die der ersten keinen Abbruch OO
anzutun vermag. ‒ ‒
Die geistige Durchdringung derer, die inOO
Liebe ewiglich verbunden bleiben, OO
kennt keine „Eifersucht”, da nichts imOO
Geiste ist, das sie begründen könnte, OO
‒ wie denn alle Eifersucht der Lieben‐ OO
den auf Erden letzten Endes aus der OO
Seele banger Sorge kommt, erstrebte OO
Einung könne in Gefahr geraten, nichtOO
bewirkt zu werden...
Im Geiste aber ist die Einigung bewirktOO
und nichts kann sie gefährden!
238 Die Ehe
In gegenseitiger Durchdringung ist OO
im Geiste alles in Ver-Einung, was OO
sich nur jemals auf der Erde hier in wah‐ OO
rer Liebe fand! ‒ ‒ ‒
Was aber einmal in der Ehe hier auf OO
Erden schon zur Einung kam, das kann OO
durch Erdentod zwar körperlich ge‐ OO
schieden werden, doch ist es niemalsOO
mehr im Geistesreich zu trennen! OO
‒ ‒ ‒
Dort mehrt es nur den Einungswillen, OO
der einst aller Erdenmenschheit GeistOO
vereinung schaffen soll, und der inOO
jeder neuen wahren Ehe Mann undOO
Weib bereits zu solcher EinungOO
führt. ‒ ‒ ‒
So schafft die wahre Ehe wahrlich OO
ewige Verbundenheit, ‒ und nicht OO
239 Die Ehe
nur zwischen beiden MenschenpoOO
len, die sie geistig eint, sondern, in OO
anderer Weise, dann auch zwischenOO
ihnen und den schon im wesenhafOO
ten Geist Geeinten in der Ewigkeit! OO
‒ ‒ ‒
Wohl denen, die hier fassen, wasOO
da zu erfassen ist!
Wohl denen, die es in der Ehe zu erOO
leben wissen!
An allen Orten dieser Erde sollten „TemOO
pel der Ehe” sich erheben, ‒ Weihe‐ OO
stätten, deren Priesteramt nur Menschen OO
führen dürften, die um die MöglichOO
keit der Geisteseinung in der EheOO
wissen, und gewillt sind, sie mitOO
allen Kräften zu erstreben!
Hier sollten alle Dinge würdige BeraOO
tung dann erfahren, die irgendwie ge‐ OO
240 Die Ehe
eignet scheinen, um in dieser Welt: derOO
Ehe hehrer Heiligkeit zu dienen!
Von hier aus sollte man versuchen, allen OO
Ehen auch die äußeren Bedingungen OO
zu schaffen, unter denen sie gedeihenOO
könnten!
Von solchen hohen Weihestätten sollte OO
alle Sorge um die Jugend ihren Aus‐ OO
gang nehmen!
Hier sollten alle Liebenden die sich OO
zur Ehe einen wollen, gütigen ErOO
fahrungsrat empfangen!
Hier sollte allen denen Hilfe dargeOO
boten werden, die ihrer Ehe GlückOO
nicht schaffen konnten und sich vor OO
der Lösung ihrer Ehe sehen!
Wahrhaftig, ‒ hier wäre GroßesOO
noch zu tun, und aller MenschheitOO
241 Die Ehe
würde Segen über Segen kommen OO
aus dem Wirken derer, die als wahreOO
Sorger um die Seelen, ‒ frei vonOO
jeder Sucht nach Seelenfang für eineOO
Glaubensmeinung, ‒ hier zu helfen OO
suchen wollten, daß die Ehe werde, OO
was sie hier auf Erden sein kann, OO
weiß man von ihrer geistigen BeOO
gründung vor dem Angesicht derOO
Ewigkeit!!
Noch hat die Erdenmenschheit aber nichtOO
erkannt, daß alles Heil ihr aus derOO
Ehe werden könnte...
Noch sucht man nur „VerbesserungOO
zu schaffen da und dort mit redlichstem OO
Bemühen, und niemand scheint zu sehen, OO
daß der Menschheit nur zu helfenOO
wäre, würde diese Hilfe aus derOO
wahren Ehe sich von selbst ergeOO
ben! ‒ ‒ ‒
242 Die Ehe
Niemand scheint zu wissen, daß dieOO
menschliche Vereinung die das Leben OO
zeugt, natur- und geistgewollter AusOO
gangspunkt für seine rechte Führung, OO
seine rechte Lenkung ist! ‒ ‒ ‒
Wenn Übel in der Menschheit zu be‐ OO
kämpfen sind, ‒ und wer vermöchte OO
das zu leugnen? ‒ ‒ dann sind dieOO
Wurzeln dieser Übel dort zu suchen, OO
wo man nicht um die hehre HeiligOO
keit der Ehe weiß, ‒ oder wo geileOO
Gier in Wort und Bild und Tat sieOO
schänden darf, ‒ oft noch des Beifalls OO
Solcher sicher, die ihre eigene Ehe OO
rein zu halten wissen! ‒ ‒ ‒
Hier muß Wandlung werden, soll die OO
Menschheit nicht in Lüsternheit und OO
seichtem Wohlbehagen an der steten, OO
nur zu gern gesuchten Überreizung im OO
Geschlechtlichen zugrunde gehen! ‒ OO
243 Die Ehe
Vor allem aber wird das neue Leben, ‒ OO
wird die Jugend, selbst sich schützenOO
müssen vor Verfall, und das kann OO
nur geschehen, wenn sie selbst die EhrOO
furcht vor der Heiligkeit der Ehe inOO
den Herzen zu erwecken sucht! OO
‒ ‒ ‒
Nur einer Generation die um die HeiOO
ligkeit der Ehe weiß und so in tiefOO
ster Ehrfurcht vor dem hocherhaOO
bensten Mysterium des MenschenOO
steht, kann jene MenschheitszukunftOO
werden, die, von den Besten aller Völker OO
längst herbeigesehnt, gewiß erreichbarOO
ist, ‒ jedoch nur dann, wenn man sie OO
selber ‒ ‒ schafft! ‒ ‒ ‒
Der Wille nur, ‒ niemals der Wunsch! OO
‒ ‒ kann hier das hohe Wunder wirOO
ken!! ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
244 Die Ehe
Dann wird so manche „Frage” lösbarOO
werden, die heute noch unlösbarOO
scheint, ‒ und großes Leid wirdOO
aus der Erdenwelt verschwinden! OO
‒ ‒ ‒
Noch sind wir leider allzuweit von OO
dieser neuen Zeit die jedem MenOO
schen seines Menschtums heiligOO
hohe Würde zu Bewußtsein brinOO
gen wird! ‒
Und doch wird diese Zeit dereinstOO
erscheinen, ‒ wenn jeder Mensch der OO
hier zur Einsicht kommt, in sich die OO
Pflicht empfindet, alles was an seinenOO
Kräften liegt daranzugeben, um so OO
bald als möglich sie herbeizuführen! OO
Keiner glaube etwa, daß an seinenOO
Kräften allzuwenig nur gelegen sei! OO
Hier wird Jeder zum Verstärker einesOO
245 Die Ehe
Willens, der schon in der Welt vorhanOO
den ist, und dieser so geeinte WilleOO
wird sich seine Wege schaffen, um den OO
Willen Aller zu erreichen! ‒ ‒ ‒
Heilig wird dann allen heißen: ‒ derOO
Geschlechter Inbrunst, sich zuOO
einen! ‒ ‒ ‒
Heilig: ‒ das Mysterium des ZeuOO
gens und Gebärens! ‒ ‒ ‒
Heilig, ‒ dreimal heilig: ‒ die VerOO
einung die das Weib dem ManneOO
eint, zu engverschmolzener GeOO
meinsamkeit für Zeit und Ewigkeit! OO
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ OO
*          *
*
246 Die Ehe
ENDE